Aus den Gründen: „… A. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Entwendung seines Motorrads entstandenen Schadens von 10.800 EUR abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150 EUR. …
1. Ausgehend von dem in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Vortrag beider Parteien ist ein Versicherungsfall zu bejahen (für einen vergleichbaren Fall ebenso OLG München VersR 1995, 954; offen lassend OLG Düsseldorf NVersZ 2000, 336).
Nach § 12 Abs. 1 I b AKB umfasst die Teilversicherung Schäden “durch Entwendung, insbesondere Diebstahl, unbefugten Gebrauch durch betriebsfremde Personen, Raub und Unterschlagung’. Weiter heißt es: “Die Unterschlagung durch denjenigen, an den der Versicherungsnehmer das Fahrzeug unter Vorbehalt seines Eigentums veräußert hat, oder durch denjenigen, dem es zum Gebrauch oder zur Veräußerung überlassen wurde, ist von der Versicherung ausgeschlossen.’
a) Im vorliegenden Fall liegt eine versicherte Entwendung in Form des Diebstahls vor. Es ist allgemein anerkannt, dass der Diebstahlsbegriff im Versicherungsrecht mit dem strafrechtlichen (§ 242 StGB) identisch ist (Prölss/Martin/Knappmann, (VVG, 27. Aufl., § 12 AKB Rn 14 m.Nachw.), sodass Diebstahl Gewahrsamsbruch voraussetzt. Unter Gewahrsam ist ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis zwischen einer Person und einer Sache (objektiv-physisches Element) zu verstehen, das von einem Herrschaftswillen (subjektiv-psychisches Element) getragen ist. Ob diese Elemente vorliegen, ist nach der natürlichen Auffassung des täglichen Lebens zu beurteilen (BGHSt 16, 273; 22, 182; BGHR StGB § 242 Abs. 1 Gewahrsam 2). Ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis besteht, wenn der unmittelbaren Verwirklichung des Einwirkungswillens auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen (vgl. RGSt 60, 272). Dies bedeutet jedoch nicht, dass beim Eintritt einer räumlichen Distanz Gewahrsam zwangsläufig verloren geht. Vielmehr ist auch hier – weil es auf die natürliche Auffassung des täglichen Lebens ankommt – maßgebend, ob eine Einwirkung auf die Sache im Rahmen des Sozialüblichen bestehen bleibt. Bejaht wird dies für Fälle der sog. Gewahrsamslockerung etwa für den Bauern, der Geräte auf dem Feld zurücklässt (BGHSt 16, 273) oder für den Inhaber einer Wohnung, der in Urlaub ist (RGSt 30, 89). Gehört nach den Anschauungen des täglichen Lebens eine in angemessenen Grenzen bleibende Lockerung oder sogar vorübergehende Aufhebung der Sachherrschaft zum Üblichen, so hört der Gewahrsam während dieser Zeit nicht auf (BGH VersR 1975, 225; BGHSt 22, 180, 182). Fortbestehende Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten sind zur Bejahung des Gewahrsams danach nicht unbedingt erforderlich.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Kläger auch nach der Aushändigung des Motorrads an den Kaufinteressenten noch als Gewahrsamsinhaber anzusehen war (OLG München a.a.O.; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 482). Durch die Überlassung zur Probefahrt war nur eine Gewahrsamslockerung eingetreten. Dies gilt auch dann, wenn keine ausdrücklichen Abreden über Details der Probefahrt getroffen wurden, denn schon aus dem Umstand, dass dem Kaufinteressenten das Motorrad ohne den Kraftfahrzeugschein ausgehändigt wurde, ergab sich, dass der Kläger nur mit einer zeitlich und räumlich begrenzten Probefahrt einverstanden war und nur für eine solche seinen Gewahrsam lockern wollte. Der Interessent sollte sich danach ersichtlich etwa im Gebiet der kleinen Ortschaft bewegen, in der der Kläger wohnt. Auch wenn der Kaufinteressent sich bei der Probefahrt zwangsläufig aus dem Sichtkreis des Klägers entfernte, rechtfertigte dies nicht die Annahme einer Gewahrsamsaufgabe. Insofern ist die hier gegebene Situation durchaus vergleichbar mit den Gegebenheiten in einem in aller Regel unübersichtlichen Parkhaus oder in einer Tiefgarage, für die der BGH angenommen hat, ein Autofahrer, der sich auf Grund einer Täuschung mit einer Bewegung des Wagens innerhalb des Parkbereichs einverstanden erklärt habe, gebe seinen Gewahrsam nicht auf (BGH VersR 1975, 22).
Die strafrechtliche Entscheidung des BGH v. 12.12.2000 (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 17) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung der Gewahrsamssituation. Dort war ein Sachverhalt zu beurteilen, bei dem ein Kraftfahrzeug für eine Probefahrt “entliehen’ wurde. Für eine solche Situation ist von einer Gewahrsamsübertragung ausgehen.
Der Umstand, dass der Kläger dem Unbekannten sein Motorrad nach einer Täuschung über dessen wahre Absichten überließ, steht der Bejahung eines Diebstahls nicht entgegen. Es kann entsprechend der übereinstimmenden Wertung beider Parteien angenommen werden, dass der beim Kläger erschienene angebliche Kaufinteressent von vornherein beabsichtigte, das ihm überlassene Motorrad zu entwenden. Hierfür spricht insbesondere das Verhalten bei und nach Erwerb des Motorrades Marke Z, bei dem nach Aktenlage wohl dieselbe Person auftrat, die später beim Kläger erschien. Indes steht das Vorgehen des Täters der Bejahung eines Diebstahls – und der damit ...