" … Das LG hat den Klageanträgen zu Recht stattgegeben, weil die Bekl. in vollem Umfang an ihre mit dem Versicherungsschein v. 30.1.2008 dokumentierten vertraglichen Leistungszusagen gebunden ist."
1. Die von der Bekl. unter dem 21.4.2010 erklärte Vertragsanpassung zum rückwirkenden Leistungsausschluss für Behandlungen von Zahn- und Kieferfehlstellungen der Tochter der Kl. ist unwirksam. Dabei kann offen bleiben, ob der Kl. eine zumindest fahrlässige Anzeigepflichtverletzung vorzuwerfen ist. Eine wirksame Vertragsanpassung scheitert jedenfalls daran, dass die Bekl. die Kl. unstreitig nicht gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nach dem neuem VVG hingewiesen hat. Die Hinweispflicht aus § 19 Abs. 5 S. 1 VVG entfiel für die Bekl. nicht deshalb, weil sie die Kl. bereits am 30.12.2007 und damit im Geltungszeitraum des VVG a.F. nach den gefahrerheblichen Umständen i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 VVG gefragt hatte.
a) Grds. richtet sich die Anwendbarkeit von § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nach Art. 1 Abs. 1 EGVVG. Danach ist das VVG und so auch § 19 in seiner seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung anzuwenden, wenn der Versicherungsvertrag im Zeitraum ab dem 1.1.2008 geschlossen worden ist. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB der Zugang der Annahmeerklärung des VR (Prölls/Martin/Armbrüster, VVG, 28. Aufl. 2010, Art. 1 EGVVG Rn 2, 11). Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag für die Tochter der Kl. ist erst am 30.1.2008 geschlossen worden, denn die Bekl. hat den Versicherungsantrag der Kl. erst zu diesem Zeitpunkt angenommen bzw. ihr dieses mitgeteilt.
b) Gegen die Geltung der Hinweispflichten aus § 19 Abs. 5 S. 1 VVG lässt sich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass insofern das sog. “Spaltungsmodell’ zur Anwendung kommen müsse. Zwar gilt das neue Recht nur für solche Sachverhalte, die nicht unter dem alten VVG bereits vollständig abgeschlossen sind (Prölls/Martin/Armbrüster, a.a.O., Rn 9). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bedurfte es insofern keiner gesetzlichen Klarstellung, dass etwa die Fragen des Vertragsabschlusses nach der Rechtslage zu beurteilen sind, die zum maßgeblichen Zeitpunkt Geltung hatte (BT-Drucks 16/3945, S. 118). Einigkeit besteht deshalb darüber, dass sich die Frage einer Anzeigepflichtverletzung für einen unter Geltung des alten VVG abgeschlossenen Vertrag nach den §§ 16 ff. VVG a.F. beurteilt, während sich die Rechtsfolgen allein nach der Neuregelung richten (vgl. etwa Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl. 2011, § 19 Rn 5; OLG Frankfurt VersR 2012, 1107, Juris-Rn 12).
c) Aus diesem Gedanken wird vereinzelt der Schluss gezogen, dass auch dann für die Frage einer Anzeigepflichtverletzung altes Recht gelten müsse, wenn zwar der Vertrag unter Geltung des neuen VVG geschlossen wurde, die Antragsfragen aber noch im Jahr 2007 gestellt und beantwortet wurden (Looschelders, a.a.O., Rn 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Härle, PK-VersR 2011, § 19 Rn 152; Neuhaus, jurisPR-VersR 8/2012 Anm. 2).
Die Vertreter dieser Ansicht übersehen allerdings, dass der Tatbestand einer Anzeigepflichtverletzung sich schon nach alter Rechtslage nicht in der bloßen Beantwortung der Antragsfragen erschöpfte und als solches einen abgeschlossenen Vorgang darstellte. Die Anzeigepflichten im Hinblick auf gefahrerhebliche Umstände dienen – nach alter und neuer Rechtslage – der richtigen Risikoeinschätzung des VR und stehen deshalb in untrennbarem Zusammenhang mit dessen Risikoprüfung bzw. Annahmeentscheidung (Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 16 Rn 1). Sie treffen den VN nicht nur bei der unmittelbaren Beantwortung der Antragsfragen. Bereits nach § 16 Abs. 1 VVG a.F. waren gefahrerhebliche Umstände grds. bis zur “Schließung des Vertrags’ anzugeben, so dass das Hinzutreten neuer Gefahrumstände den VN ggf. zur Nachmeldung verpflichtete (vgl. Römer/Langheid, a.a.O., Rn 31). Wollte man die Frage einer Anzeigepflichtverletzung nach altem Recht beurteilen, wenn die Antragsfragen noch im Jahr 2007 gestellt bzw. beantwortet wurden, so wären aus § 16 VVG fließende Nachmeldepflichten ggf. noch nach Inkrafttreten des VVG n.F. zu erfüllen, was ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprach, der nur für gänzlich abgeschlossene Vorgänge die Anwendung der alten Regelungen annahm (BT-Drucks 16/3945, S. 118). Zu Recht hat das LG Dortmund vor diesem Hintergrund darauf verwiesen, dass die Risikoprüfung bzw. die Entscheidung der Bekl. über die Antragsannahme unter Geltung des alten VVG noch nicht abgeschlossen war, so dass von einem unter Geltung der alten Rechtslage abgeschlossenen Vorgang keine Rede sein kann.
d) Gegen die Annahme einer Belehrungspflicht der Bekl. lässt sich auch nicht anführen, dass die Belehrungspflicht als solche gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. untrennbar mit der Stellung der Antragsfragen verknüpft sei und deshalb vor der Annahmeentscheidung der Bekl. nicht mehr erfüllt werden konnte. Zwar muss die Belehrung in unmittelbarem Zusammenhang mit d...