Auf individualreiserechtlichem Gebiet ergingen im Berichtszeitraum 2018 wieder zahllose Entscheidungen zum Luftbeförderungsrecht – insb. zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung.
I. Internationale Zuständigkeit und Passivlegitimation
In drei verbundenen Rechtssachen entschied der EuGH mit Urteil vom 7.3.2018, dass die Fluggesellschaft, die in einem Mitgliedstaat nur den ersten Flug eines Umsteigefluges durchgeführt hat, vor den Gerichten am Endziel in einem anderen Mitgliedstaat auf Ausgleichsleistung verklagt werden kann. In zwei der Rechtssachen hatten die Fluggäste Flugreisen von Spanien nach Deutschland gebucht, die jeweils aus zwei Flügen bestanden, wobei die Buchungen jeweils die gesamte Reise umfassten. Nur die ersten, innerspanischen Flüge wurden von der spanischen Fluggesellschaft Air Nostrum durchgeführt, welche nicht der Vertragspartner der Fluggäste war. In beiden Fällen verspäteten sich diese Flüge geringfügig, was jedoch zur Folge hatte, dass die Fluggäste ihren Anschlussflug nach Deutschland verpassten. Die Fluggäste erreichten ihr Endziel letztlich mit einer großen Verspätung von vier bzw. 13 Stunden. Dazu stellte der EuGH fest, dass das Endziel in Deutschland nicht nur für den zweiten Flug, sondern auch für den ersten, innerspanischen Flug als Erfüllungsort der zu erbringenden Dienstleistungen angesehen werden kann. Daraus folgt, dass die deutschen Gerichte grds. für die Entscheidung über Klagen auf Ausgleichszahlungen, die gegen eine ausländische Fluggesellschaft erhoben werden, nach der Brüssel I-Verordnung zuständig sind – auch wenn das beklagte ausführende Luftfahrtunternehmen nicht der Vertragspartner der Fluggäste ist. Bei einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise ist "Erfüllungsort" i.S.d. Brüssel I-Verordnung der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke, wenn die Beförderung auf den beiden Teilstrecken von zwei verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird und die Klage auf Ausgleichszahlung wegen einer großen Verspätung am Ankunftsort auf eine Störung gestützt wird, die auf dem ersten Flug eingetreten ist, der von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist. In der weiteren (ebenfalls verbundenen) Rechtssache gegen die chinesische Fluggesellschaft Hainan Airlines (betreffend einheitlich gebuchte Flüge von Berlin mit Umstieg in Brüssel nach Peking) wies der EuGH darauf hin, dass sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenen Gesetzen und nicht nach der Brüssel I-Verordnung bestimmt, wenn die Beklagte keinen Sitz (bzw. auch keine Zweigniederlassung) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat. Vorsorglich betont der EuGH allerdings, dass nach ständiger Rechtsprechung Vorschriften des nationalen Rechts gemäß des Effektivitätsgrundsatzes die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte wie aus der Fluggastrechteverordnung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen.
Aus der zuletzt genannten Textpassage des Urteils dürfte wohl abzuleiten sein, dass der EuGH auch im Fall der Hainan Airlines durchaus die Zuständigkeit des deutschen Gerichts bejahen würde (allerdings nicht nach der Brüssel I-Verordnung).