"… [13] 1. Das LG hat Ansprüche der Kl. gegen die Bekl. zu 1 als Halterin (§ 7 Abs. 1 StVG), den Bekl. zu 2 als Fahrer (§ 18 Abs. 1 S. 1 StVG) und die Bekl. zu 3 als Haftpflichtversicherer (§§ 1 PflVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG) des unfallbeteiligten Pkw BMW 5-er Reihe mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX … im Wege der gesamtschuldnerischen Haftung (§ 421 BGB) und auf der Grundlage einer Haftungsquote der Bekl. von 80 v.H. mit Recht und von der Berufungserwiderung insoweit, wie auch der Höhe nach, unbeanstandet bejaht. Die Angriffe der Berufung mit dem Ziel einer Haftung der Bekl. zu 100 v.H. haben weder unter dem Gesichtspunkt des Haftungsausschlusses (nachfolgend unter a)) noch unter demjenigen des Zurücktretens der Betriebsgefahr im Rahmen der Haftungsabwägung (b)) Erfolg."
[14] a) Die Verpflichtung zum Ersatz nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist nach Abs. 3 S. 1 der Vorschrift ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis gem. § 17 Abs. 3 S. 2 StVG nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.
[15] aa) Dieser Maßstab erfordert ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt i.S.v. § 276 BGB hinaus. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein "Idealfahrer" verhalten haben (BGH NJW 1992, 1684, 1685, zu § 7 Abs. 2 StVG a.F.; Walter in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR Stand: 1.12.2018 § 17 StVG Rn 14). Notwendig ist eine über den gewöhnlichen Fahrerdurchschnitt erheblich hinausgehende Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht und ein über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinausreichendes geistesgegenwärtiges und sachgemäßes Handeln im Augenblick der Gefahr in den Grenzen des Menschenmöglichen (BGH NJW-RR 1987, 150, zu § 7 Abs. 2 StVG a.F.). Die Haftung aus § 7 StVG folgt anders als diejenige nach § 823 BGB nicht aus Verhaltensunrecht, sondern sie bezweckt den Ausgleich von Schäden aus den Gefahren auch eines zulässigen Kraftfahrzeugbetriebs. Auszugrenzen sind daher nur die fremden Gefahrenkreise, für die, wenn sie sich im Schadensereignis aktualisieren, die Gefährdungshaftung nach ihrem Sinn und Zweck nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Dabei darf sich die Prüfung aber nicht auf die Frage beschränken, ob der Fahrer in der konkreten Gefahrensituation wie ein "Idealfahrer" reagiert hat, vielmehr ist sie auf die weitere Frage zu erstrecken, ob ein "Idealfahrer" überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre; denn der sich aus einer abwendbaren Gefahrenlage entwickelnde Unfall wird nicht dadurch unabwendbar, dass sich der Fahrer in der Gefahr nunmehr (zu spät) "ideal" verhält. Damit verlangt § 17 Abs. 3 StVG, dass der "Idealfahrer" in seiner Fahrweise auch die Erkenntnisse berücksichtigt, die nach allgemeiner Erfahrung geeignet sind, Gefahrensituationen nach Möglichkeit zu vermeiden (BGH NJW 2006, 896 Rn 21, zu § 7 Abs. 2 StVG a.F.; Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 17 StVG Rn 14 f.).
[16] bb) Die Kl. hat unter Berücksichtigung dieser Anforderungen den ihr obliegenden Nachweis, sich wie eine "Idealfahrerin" verhalten zu haben, nicht erbracht. Zutreffend hat das LG hierfür allein den erwiesenen Umstand, dass der Pkw der Kl. vorkollisionär zum Stillstand gekommen war, als nicht genügend angesehen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein "Idealfahrer" anstelle der Kl. das Bekl.-Fahrzeug rechtzeitig unfallvermeidend hätte erkennen können. Richtig hat der Erstrichter vor allem ausgeführt, dass die Wertung des Gerichtssachverständigen, der Unfall sei für die Kl. unvermeidbar gewesen, was aber einer – vom Gutachter nicht vorzunehmenden – rechtlichen Würdigung bedürfe, bei näherer Betrachtung die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses nicht rechtfertigt. Der Sachverständige hat in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, die Kl. hätte das Unfallgeschehen nur dann vermeiden können, wenn sie – eine entsprechende Blickzuwendung nach links unterstellt – bei Erkennen der Rückwärtsfahrt des Bekl.-Pkw selbst wieder nach vorne in die Parklücke gefahren wäre, wobei allerdings die Länge der Strecke der vorkollisionären Rückwärtsfahrt des Bekl.-Pkw an Hand objektiver Unfallindizien nicht festzustellen sei. Die Kl. hatte bei der Parteianhörung durch das LG angegeben, schon ein paar Sekunden gestanden und nach rechts geschaut zu haben, als es links "geknallt" habe. Bei dieser Sachlage hat sie den ihr obliegenden Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses im Rechtssinne nicht geführt.
[17] b) Die vom LG im Rahmen der folgerichtig vorgenommenen Haftungsabwägung nach § 17 Abs. 1 StVG angenommene Haftungsquote der Bekl. von 80 v.H. hält ebenfalls der Überprüfung stan...