Bußgeldrecht
Keine Überwachung des ruhenden Verkehrs durch private Dienstleister (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 03.01.2020 – 2 Ss-Owi 963/18)
Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschl. v. 3.1.2020 entschieden, dass die Überwachung des privaten Verkehrs durch private Dienstleister gesetzeswidrig ist. Die Stadt Frankfurt setzt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters auf Basis einer Stundenvergütung ein, die nach § 99 Abs. 3 Nr. 4e HSOG zu Hilfspolizeibeamten bestellt werden. Diese Praxis ist nach Auffassung des OLG Frankfurt a.M. gesetzeswidrig. Die der Stadt Frankfurt als Polizeibehörde gesetzlich zugewiesene Verpflichtung, den ruhenden Verkehr zu überwachen und Verstöße zu ahnden, sei eine hoheitliche Aufgabe. Mangels Ermächtigungsgrundlage dürften diese Aufgaben nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden. Die Überlassung privater Mitarbeiter nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben sei unzulässig. Die Bestellung privater Personen nach § 99 HSOG zu Hilfspolizeibeamten der Ortspolizeibehörden sei gesetzeswidrig. Es gebe keine vom Parlament erlassene Ermächtigungsgrundlage, die die Stadt Frankfurt berechtigte, die Aufgabe der Überwachung des ruhenden Verkehrs auf "Dritte" zu übertragen. Das Regierungspräsidium Darmstadt habe für die vorgenommene Bestellung einer Privatperson zu einem "Stadtpolizisten" auch keine Zuständigkeit. Sie ergebe sich insbesondere nicht aus § 99 Abs. 3 Nr. 4 HSOG. Die Verkehrsüberwachung durch Private in Uniform habe einen täuschenden Schein der Rechtsstaatlichkeit aufgebaut. Tatsächlich sei die Verkehrsüberwachung durch einen privaten Dienstleister durchgeführt worden, der im Ergebnis durch Verwarngelder finanziert werde, die er selbst erhebe.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 06/2020 v. 20.1.2020
Planungsrecht
Gesetzespaket zur Beschleunigung der Planung und Genehmigung von Verkehrsprojekten
Der Bundestag hat am 31.1.2020 einer Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Verkehrsinfrastrukturprojekten zugestimmt. Er nahm sowohl den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht durch Maßnahmengesetz im Verkehrsbereich als auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich jeweils in der vom Verkehrsausschuss geänderten Fassung an. Mit dem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz wird für zwölf Verkehrsinfrastrukturprojekte ermöglicht, die Genehmigung per Gesetz statt über einen Verwaltungsakt zu erteilen. Damit wird der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg ausgeschlossen. Zu den Projekten gehören u.a. der Ausbau der Eisenbahnstrecke von München über Mühldorf nach Freilassing sowie die Abladeoptimierung der Fahrrinnen des Mittelrheins. Ziel des Gesetzes ist die Steigerung der Akzeptanz in der Bevölkerung für die darin genannten Vorhaben und ihre beschleunigte Realisierung, auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzprogramms 2030.
Quelle: www.bundestag.de
Luftverkehrsrecht
Ausgleich bei Flugausfall aufgrund Pilotenstreiks möglich (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 30.1.2020 – 2-24 O 117/18)
Das Landgericht Frankfurt a.M. hat mit Urt. v. 30.1.2020 entschieden, dass Flugreisende nach einer Annullierung ihrer Flüge wegen eines Streiks der Piloten einen Ausgleich nach der Fluggastrechteverordnung verlangen können, wenn die Fluggesellschaft nicht alles Zumutbare unternommen hat, die Streichung der Flüge zu verhindern. Die beklagte Fluggesellschaft mit Sitz in Irland verhandelte 2018 mit der Vereinigung Cockpit über den Abschluss eines Tarifvertrages. Die Vereinigung Cockpit rief zur Arbeitsniederlegung an allen deutschen Flughäfen auf, wodurch es zum Ausfall vieler Flüge kam. Die Reiserechtskammer des LG stellte nun fest, dass die Fluggesellschaft im konkreten Fall nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, um die Annullierung der Flüge zu vermeiden. Um eine Haftung nach der Fluggastrechteverordnung auszuschließen, hätte das Flugunternehmen nachweisen müssen, dass es mit seinen personellen und finanziellen Mitteln einen Flugausfall offensichtlich nicht habe vermeiden können. Insbesondere könne die Fluggesellschaft gehalten sein, verfügbare Flugzeuge anderer Gesellschaften zu chartern.
Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 30.1.2020
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 2/2020, S. 62