Die auf eine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung abstellende Adäquanztheorie wird ergänzt durch das Erfordernis des Schutzzweckzusammenhangs. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung (Primärverletzung) bzw. der geltend gemachte Sekundärschaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen. Rechtsgutsverletzung bzw. Schaden müssen in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein rein äußerlicher, gewissermaßen zufälliger Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten.
aa) An dem erforderlichen inneren Zusammenhang kann es fehlen, wenn zwar der kausale haftungsbegründende oder haftungsausfüllende Zusammenhang gegeben ist, die Rechtsgutsverletzung – bzw. beim haftungsausfüllenden Zusammenhang der Schaden – jedoch erst durch einen weiteren Umstand verursacht worden ist. Ein Beispiel hierfür ist das Dazwischentreten eines Dritten. Auch in derartigen Fällen ist die haftungsrechtliche Zurechnung aber nur dann ausgeschlossen, wenn das durch die erste Ursache gesetzte Risiko zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der zweiten Ursache schon gänzlich abgeklungen war oder die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bzw. der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage stehen. Wirken in der Rechtsgutsverletzung bzw. dem Schaden dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden.
(1) Nach diesen Grundsätzen war der Zurechnungszusammenhang in dem dem Urteil des BGH vom 26.3.2019 zugrundeliegenden Werkstatt-Fall zu bejahen. Ein bei einem Verkehrsunfall im Frontbereich erheblich beschädigter Mercedes wurde im Auftrag des Halters vom Inhaber einer Kfz-Werkstatt, J., auf sein Betriebsgelände geschleppt. Dort sollte der Wagen durch einen Sachverständigen begutachtet und möglicherweise repariert werden. J. schob den Mercedes in seine Werkstatt und zog den Schlüssel; die Batterien klemmte er sorgfaltswidrig nicht ab. In der darauffolgenden Nacht kam es zu einem Kurzschluss an dem zum Kühlerlüfter-Motor führenden Leitungssatz im Frontbereich des in der Werkstatt befindlichen Pkw, der zu einem großflächigen Brand in der Werkstatt führte. Mit der Klage begehrte der Gebäudeversicherer des J. von den Haftpflichtversicherern beider am Unfall beteiligter Fahrzeuge Schadensersatz aus Halterhaftung. Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Es hatte angenommen, der Zurechnungszusammenhang sei durch das schuldhafte Verhalten des J. unterbrochen.
Das sah der BGH anders. Er hat eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG dem Grunde nach bejaht. Sowohl das kausale als auch das deskriptive Element des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb" waren unproblematisch. Der Brand war durch den Fahrbetrieb beider am Unfall beteiligter Fahrzeuge verursacht worden. Nach den getroffenen Feststellungen hatte die Kollision der Fahrzeuge zu einer mechanischen Einwirkung auf die elektrischen Leiter im Frontbereich des Mercedes geführt, die den Kurzschluss des zum Kühlerlüfter-Motor führenden Leitungssatzes zur Folge hatte. Der Kurzschluss wiederum hatte den Brand der Werkstatt ausgelöst. Dass der Kurzschluss erst nach einer zeitlichen Verzögerung von eineinhalb Tagen auftrat, war unerheblich, da die unmittelbar durch den Fahrbetrieb, also den Betriebsvorgang bewirkte Gefahrenlage fortwirkte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht deshalb unterbrochen, weil J. es sorgfaltswidrig unterlassen hatte, die Batterien des Mercedes vor dem Verbringen in seine Werkstatt abzuklemmen. Denn trotz dieses Versäumnisses wirkten in dem Brand die Gefahren fort, die durch die Kollision und die darauf zurückzuführende Deformation des Frontbereichs des Mercedes angelegt worden waren. Der Sorgfaltspflichtverstoß des J. erschöpfte sich darin, die durch den Unfall geschaffene Gefahrenlage nicht beseitigt zu haben.
Auf die Frage, ob der Brandschaden auch dann "bei dem Betrieb" des nicht mehr fahrtüchtigen und aus diesem Grund in eine Werkstatt verbrachten Fahrzeugs entstanden wäre, wenn er nicht auf den Betriebsvorgang, sondern nur auf eine durch einen Defekt einer Betriebseinrichtung verursachte Selbstzündung zurückzuführen gewesen wäre, kam es deshalb nicht an.
bb) An dem erforderlichen Schutzzweckzusammenhang fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat. So hat der BGH eine reaktive Depression, die eine ...