Nach § 1 Abs. 1 eKFV werden Elektrokleinstfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit (bbH) von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h als Kraftfahrzeuge eingestuft, wenn diese zusätzliche ergänzende Merkmale i.S.d. weiteren Normen der eKFV aufweisen (u. a. Lenk- oder Haltestange, Bremsvorrichtungen, Einrichtungen für Licht- und Schallzeichen). Schon hier ist auffällig und auch für später zu erinnern, dass E-Scooter sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie nicht über einen Sitz verfügen. Denn der E-Scooter ist im aktuellen Sprachgebrauch ein elektrischer Tret-/Stehroller.[1] Natürlich kann auch ein Fahrzeug unter die eKFV fallen, das selbstbalancierend ist und zugleich über einen Sitz verfügt, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 eKFV. Dann handelt es sich aber um eine andere Art von Fahrzeug, aber gerade nicht um einen E-Scooter. Und aufgepasst! Auch wenn das Fahrzeug selbstbalancierend ist, benötigt es eine Haltestange, um von der eKFV erfasst zu werden, sodass z.B. das weithin bekannte Hoverboard, das eine solche Haltestange nicht hat, nicht unter die eKFV fällt.

Die eKFV enthält spezielle Regelungen für Fahrzeuge, die den in der Verordnung vorgegebenen Spezifikationen entsprechen, aber sie ist nicht abschließend. Denn wenn die Fahrzeuge, die unter die eKFV fallen, am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, müssen sie den Vorgaben entsprechen, an denen jedes Fahrzeug zu messen ist, sodass insbesondere die Regelungen der StVZO zu prüfen sind, wenn Detailvorgaben in der eKFV fehlen. Dies trifft bspw. für die Bereifung zu.[2]

Zudem gibt es in anderen Gesetzen Regelungen, die Fahrzeuge i.S.d. eKFV tangieren, auch wenn diese nicht ausdrücklich erwähnt wird. So ermöglicht § 8 Nr. 1 StVG eine Ausnahme von der (Gefährdungs-)Haftung des Kraftfahrzeughalters nach § 7 StVG. Denn dort werden Fahrzeuge ausgenommen, die "auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 Kilometer in der Stunde fahren" können. Gemeint ist damit natürlich die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit,[3] aber auch die konstruktionsbedingte Höchstgeschwindigkeit in Form von voreingestellten Beschränkungen bei bauartbedingt höher möglicher Geschwindigkeit:[4] Sollten hier Zweifel bestehen, muss ein technisches Sachverständigengutachten eingeholt werden.[5] Handelt es sich also um einen E-Scooter, der den technischen Vorgaben der eKFV entspricht, kann sich der Halter (und natürlich auch der Fahrer)[6] darauf berufen, nicht verschuldensunabhängig haften zu müssen.[7] Die Haftung richtet sich dann vielmehr nach § 823 BGB, sodass der Geschädigte ein Verschulden des Halters/Fahrers nachweisen muss. Dabei ist dann stets zu beachten, ob der Geschädigte sich zulasten des Halters/Fahrers des E-Scooters auf einen so genannten Anscheinsbeweis berufen kann. Voraussetzung hierfür wäre jeweils ein sog. typischer Geschehensablauf, also ein sich aus der Lebenserfahrung bestätigender gleichförmiger Vorgang, durch dessen Typizität es sich erübrigt, die tatsächlichen Einzelumstände eines bestimmten historischen Geschehens nachzuweisen.[8] Erforderlich ist allerdings, dass die Typizität gerade so wahrscheinlich ist, dass sie die (volle) richterliche Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO tragen kann;[9] dass von mehreren alternativen Ursachen eine wahrscheinlicher ist, reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises nicht aus.[10] Dass für den Fall des Umfallens eine E-Scooters nicht im Wege eines Anscheinsbeweises der Rückschluss auf ein unsachgemäßes Abstellen oder sonstiges Verschulden des Abstellenden geschlossen werden kann, wurde bereits entschieden.[11] Auch das reine Abstellen eines E-Scooters auf dem Gehweg an sich stellt keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht dar, da gemäß § 11 Abs. 5 eKFV die für Fahrräder vorgesehenen Parkvorschriften entsprechend gelten.[12]

Die zulassungsrechtliche Prüfung richtet sich nach der FZV, eKFV und der FeV. Elektrokleinstfahrzeuge i.S.d. eKFV sind zulassungsfrei, § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1g) FZV, und sie sind auch nicht kennzeichenpflichtig, e contrario § 4 Abs. 1, 2 FZV, sodass bspw. auch keine regelmäßige Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO durchzuführen ist. Die Fahrzeuge benötigen kein Versicherungskennzeichen i.S.d. § 4 Abs. 3 FZV i.V.m. § 52 FZV aber eine Versicherungsplakette, § 56 FZV und § 2 Abs. 1 Nr. 2 eKFV, siehe dazu mehr unter V. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a FeV bedarf es für die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen i.S.d. eKFV keiner Fahrerlaubnis, dazu umfassend unter IV. Dass dabei die FZV n.F. zu kleineren Friktionen mit der eKFV im Vergleich zur bisherigen Rechtslage und unnötigen Doppelungen führt, wurde bereits aufgedeckt.[13]

Für die strafrechtliche Prüfung des Fahrverhaltens auf einem E-Scooter ist ebenfalls zunächst die technische Ausgestaltung des Fahrzeugs festzustellen.[14] Das LG Oldenburg[15] bestätigte jüngst diese Rechtsprechung des BGH, dass erst nach Klärung der technischen Parameter Überlegungen dazu angestellt werden können, ob die Beweisregel der absolu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge