"… Die zulässige Klage erweist sich als vollumfänglich begründet."
I. Deckungsanspruch
Dem Kl. war Deckungsschutz für die Berufungsinstanz jedenfalls aufgrund der Bindungswirkung des erstellten Stichentscheids zu gewähren.
1. Bindungswirkung eines Stichentscheides
Nach § 3a (1) a) ARB kann die Bekl. zwar den Rechtsschutz wegen mangelnder hinreichender Aussicht auf Erfolg ablehnen; nach § 3a (2) b) ist jedoch ein Stichentscheid nach Ablehnung der Leistungspflicht nach § 3a (1) ARB, der den Anforderungen entspricht, nicht nur für den VN, sondern insbesondere auch die Bekl. als VR bindend.
§ 3a (2) b) Stichentscheid lautet:
"Sie können aber auch den für Sie tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt veranlassen, eine begründete Stellungnahme abzugeben und zwar zu folgenden Fragen:"
– Besteht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg?
– Steht die Durchsetzung Ihrer rechtlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg?
Die Entscheidung des Rechtsanwalts ist für Sie und für uns bindend.
Ausnahme: Diese Entscheidung weicht offenbar von der tatsächlichen Sach- oder Rechtslage erheblich ab.“.
Bei dem sogenannten Stichentscheid nach § 3a (2) b) ARB handelt es sich um eine von der reinen Interessenvertretung losgelöste Beurteilung der Sach- und Rechtslage, die den Streitstoff darstellen muss, auf die Beweissituation eingehen und sich im Rahmen der rechtlichen Würdigung auch mit etwaigen Gegenargumenten auseinandersetzen muss, die gegen eine Erfolgsaussicht sprechen (BGH VersR 1990, 415 …). Hierbei ist es weitgehend von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig, in welche Form der Anwalt seine Stellungnahme kleidet, wie umfänglich er sie gestaltet und inwieweit er dabei auf die vom Rechtsschutzversicherer angemeldeten Bedenken eingeht, da dies abhängig ist vom Umfang bzw. der Komplexität des Streitstoffes, von dem Stand der vorangegangenen Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer, seiner dadurch begründeten Vorkenntnis, ferner von dem Stadium, in dem sich die Interessenwahrnehmung jeweils befindet.
Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Stichentscheid nicht in jedem Fall eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage wie auch der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung in allen Einzelheiten erfordert. Es ist vielmehr ausreichend, im Stichentscheid auf die Punkte einzugehen, die zwischen VR und VN im Streit sind und auf die der VR seine Ablehnung gestützt hat, weswegen der VR demgemäß gehalten ist, in seiner Ablehnungsentscheidung alle Gründe aufzuführen, auf die er die Ablehnung des Deckungsschutzes stützt. Dementsprechend ist der Stichentscheid bindend, wenn er von der Sach- und Rechtslage nicht offenbar erheblich abweicht, wenn in dessen Ausführungen den Ablehnungsgründen ausreichend entgegengetreten wurde; der VR muss dann Rechtsschutz gewähren und kann keine weiteren Ablehnungsgründe mehr nachschieben (…).
2. Bindungswirkung auch im konkreten Fall
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird der vorliegende Stichentscheid den Anforderungen gerecht.
Die Bekl. hat in ihrem Ablehnungsschreiben vom 15.10.2021 Deckungsschutz mit der Begründung verweigert, es lägen keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Interessenwahrnehmung vor und verweist insoweit auf die Begründung des Urteils des LG M. indem es knapp dessen tragende Gründe zusammengefasst wiederholt und geht – teilweise – auf die Darlegungen des Klägervertreters in der E-Mail vom 5.10.2021 auf entsprechende Nachfrage der Bekl. ein. Im Stichentscheid der Klägervertreterin wurde sowohl der Sachverhalt, der der Bekl. im Übrigen bereits durch das erstinstanzliche Urteil und auch dem Antrag auf Deckungsschutz für die 1. Instanz bekannt war, dargelegt, wie auch zu den einzelnen Punkten der Einwendungen der Bekl., die hierbei das erstinstanzliche Urteil "verteidigt", Stellung bezogen. Der Einleitungssatz im Stichentscheid gibt insofern bereits die nachfolgenden Ausführungen zutreffend wieder: "Es wird vorliegend auf Ihre Ablehnungsgründe direkt im Zusammenhang mit der Urteilsbegründung des Gerichts eingegangen.".
a. Auseinandersetzung mit den Gründen des Erstgerichts
Insofern nicht nachvollziehbar ist für die Kammer der Einwand, die Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Kl. sei einseitig und setzte sich mit der Argumentation der Bekl. und den Urteilsgründen nicht auseinander. Das Gegenteil ist der Fall.
Hierbei setzt sich die Klägervertreterin im Einzelnen damit auseinander, auch unter Bezugnahme der diesbezügliche klägerseits unterbreiteten Beweisangebote, warum das Erstgericht nach Auffassung der Klägerseite, insoweit damit entgegen auch der Auffassung der Bekl., zu einer unzutreffenden Rechtsauffassung gelangte. Eine weitergehende Argumentation auf Seiten der Bekl. als die Wiederholung der Rechtsausführungen des LG M. liegt nicht vor, weswegen es ausreichend war, dass sich die Klägerseite mit den Ausführungen des LG M. auseinandersetzte.
Dezidiert wird hierzu auch darauf Bezug genommen, aus welc...