1 Verfassungsrecht
1.1 Ausschluss der Partei Die Heimat (vormals NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung (BVerfG, Urt. v. 23.1.2024)
Mit Urt. v. 23.1.2024 (2 BvB 1/19) hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Partei Die Heimat (HEIMAT, vormals: Nationaldemokratische Partei Deutschlands – NPD) für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Finanzierung nach § 18 Parteiengesetz ausgeschlossen ist. Die Voraussetzungen für den Finanzierungsausschluss gemäß Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG liegen vor: Die Partei missachte die freiheitliche demokratische Grundordnung und sei nach dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet. Dies werde insbesondere durch ihre Organisationsstruktur, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen sowie durch ihre Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren des Rechtsradikalismus belegt. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 9/2024 v. 23.1.2024
2 Straßenverkehrsrecht
2.1 Verstoß gegen die StVO bei Vorbeifahrt an Müllabfuhrfahrzeug (BGH, Urt. v. 12.12.2023 – VI ZR 77/23)
Mit Urt. v. 12.12.2023 (VI ZR 77/23) hat der BGH über einen Fall entschieden, in dem eine Pkw-Fahrerin an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifuhr und mit einem gerade entleerten Müllcontainer kollidierte. Nach der Entscheidung des BGH steht der Pkw-Fahrerin als Klägerin gegen den Halter des Müllabfuhrfahrzeugs ein Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG zu, da das Fahrzeug der Klägerin "bei dem Betrieb" des Müllfahrzeugs beschädigt worden sei. Die Gefahr, die von einer gerade entleerten Mülltonne auf der Straße für andere Verkehrsteilnehmer ausgehe, sei dem Betrieb des Müllfahrzeugs zuzurechnen. Der Müllwerker habe gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, weil er hinter dem Müllfahrzeug einen Müllcontainer über die Straße geschoben habe, ohne auf den Verkehr und das Fahrzeug der Klägerin zu achten, das für ihn erkennbar gewesen wäre, wenn er den Container nicht vor sich hergeschoben hätte. Allerdings sei auch der Fahrerin ein Verstoß gegen die StVO vorzuwerfen: Wer an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifahre, das erkennbar im Einsatz ist, dürfe nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen. Er müsse damit rechnen, dass Müllwerker plötzlich in den Verkehrsraum treten, ohne sich über den Verkehr zu vergewissern, da deren Hauptaugenmerk bei ihrer Arbeit auf die effiziente und möglichst in kurzer Zeit und auf kurzen Wegen zu erledigende Arbeit gerichtet sei. Die Geschwindigkeit sei ggf. nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 StVO so weit zu drosseln, dass der Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug notfalls sofort zum Stehen bringen kann.
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. Nr. 012/2024 v. 23.1.2024
3 Bundesgesetzgebung
3.1 Beratungen des Vermittlungsausschusses
Am 21.2.2024 befasst sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit vier Gesetzen, zu denen der Bundesrat im letzten Jahr den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Dazu gehören das Krankenhaustransparanz- und das Wachstumschancengesetz sowie das Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz und das Gesetz zur Förderung von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten. Zur Kritik des Bundesrates an den Gesetzen zur Digitalisierung der Justiz wurde bereits im Januar-Heft berichtet (zfs 2024, 2).
Quelle: www.bundesrat.de
3.2 Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024
Am 27.12.2023 ist die Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung (Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024 – PKHB 2024) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I 2023 Nr. 403 v. 27.12.2023). Darin werden die Freibeträge, die für die Bewilligung von PKH vom Einkommen der Partei abzuziehen sind, bekanntgemacht. Sie betragen nunmehr für die Partei, ihren Ehegatten oder Lebenspartner 619 EUR und für unterhaltsberechtigte Kinder je nach Alter zwischen 393 EUR und 518 EUR. Der zusätzliche Freibetrag für erwerbstätige Antragsteller beträgt 282 EUR. Für die Landeshauptstadt München und die Landkreise München, Fürstenfeldbruck und Starnberg gelten hiervon abweichende, geringfügig höhere Beträge.
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 2/2024, S. 62