Ebenso entschied das AG Stuttgart mit Urt. v. 13.10.2020. Der Kläger hatte im November 2019 eine Nordkap-Kreuzfahrt für Juni 2020 gebucht. Er trat im April 2020 vom Vertrag zurück und forderte die Rückzahlung des Reisepreises. Der beklagte Reiseveranstalter sagte die Reise dann seinerseits Ende Mai 2020 wegen der andauernden COVID-19-Reisebeschränkungen ab, verweigerte aber die Rückzahlung (da der Reisende "verfrüht" zurückgetreten sei). Das AG Stuttgart gab der auf volle Rückzahlung gerichteten Klage statt. Gem. Erwägungsgrund 31 der auf Vollharmonisierung zielenden RL 2302/2015/EU liegen nach Ansicht des Gerichts solche zum kostenlosen Rücktritt berechtigenden außergewöhnlichen Umstände beispielsweise dann vor, wenn etwa wegen des Ausbruchs einer schweren Krankheit am Reiseziel erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen. Auch das AG Stuttgart stellt bei einer vor Reiseantritt abgegebenen Rücktrittserklärung ab auf eine Prognoseentscheidung, im Rahmen welcher danach zu fragen ist, ob die konkrete Reise aus einer ex-ante-Betrachtung heraus erheblich beeinträchtigt sein wird. Die Frage, von welchem Gefährdungsgrad an insoweit eine erhebliche Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, lässt sich dabei "nicht in Form einer festen Größe, sondern nur fallweise unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts des Reisevertrags beantworten". Zu berücksichtigen ist daher zum einen mit welcher Wahrscheinlichkeit, für welche Rechtsgüter Gefahren drohen und zum anderen auch ob der konkreten Reise, wie etwa im Falle von Abenteuerreisen, ein gewisses Gefahrenpotenzial bereits immanent ist. Das AG Stuttgart weist zutreffend darauf hin, dass im Falle einer Gefahr für Leib und Leben wegen des Auftretens eines Hurrikans jedenfalls eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 25 % ausreicht. Ausdrücklich schließt sich das AG Stuttgart der Position an, wonach es für eine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 651h Abs. 3 BGB durch die COVID-19-Pandemie ausreicht, wenn ein konkretes Risiko für einen erheblichen Gesundheitsschaden besteht, weil am Reiseort im Vergleich zum Wohnort des Reisenden und der Zeit der Reisebuchung ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Weiter betont das AG Stuttgart auch die konkrete, letztlich vom Zufall abhängige Gefahr bei einer Kreuzfahrt, dass es an Bord zu einem Infektionsgeschehen kommt. Neben der Gesundheitsgefährdung besteht – auch für nicht infizierte Passagiere – darüber hinaus die Gefahr, dass das ganze Schiff unter Quarantäne gestellt würde, Landgänge untersagt würden und Passagiere unter Quarantänebedingungen auf dem Schiff festsitzen. Insgesamt war eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reise daher schon im Rücktrittszeitpunkt konkret zu befürchten.