Die Revision hat Erfolg. …
[6] Das BG hat gemeint, der Rechtsschutzversicherer des Kl. habe keine Schadensersatzforderung gegen den Bekl. erlangt, die er an den Kl. hätte abtreten können. …
[8] II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[9] Ein unter dem Gesichtspunkt der Rechtsanwaltshaftung in Betracht kommender und für das Revisionsverfahren zu unterstellender Schadensersatzanspruch des Kl. gegen den Bekl. wäre auf den Rechtsschutzversicherer des Kl. übergegangen (§ 86 Abs. 1 VVG). Dieser Anspruch konnte an den Kl. zurückabgetreten werden.
[10] 1. Die Rechtsschutzversicherung ist eine Schadensversicherung, für die § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG gilt. Nach dieser Regelung geht ein dem VN gegen einen Dritten zustehender Ersatzanspruch auf den VR über, soweit dieser den Schaden ersetzt. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang im Sinne von § 412 BGB (vgl. BGH NJW 2021, 3324 Rn 17 m.w.N.). Die Voraussetzungen für den Anspruchsübergang sind erfüllt.
[11] a) Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch des Kl. gegen den Bekl. ist ein Ersatzanspruch im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG.
[12] aa) Der Annahme eines Ersatzanspruchs gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG steht der versicherungsvertragliche Deckungsanspruch nicht entgegen. Dieser schließt die Annahme eines (Kosten-)Schadens des VN nicht aus (…). Die Auffassung des BG, der Kl. habe bezüglich der angefallenen Rechtsverfolgungskosten zu keinem Zeitpunkt einen Vermögensschaden erlitten, der eine Schadensersatzforderung gegen den Bekl. begründen würde, die nach § 86 Abs. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer habe übergehen können, ist nicht zu teilen.
[13] bb) Ausgangspunkt einer Schadensberechnung ist die sogenannte Differenzhypothese. Hiernach beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit ein nach den §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst (BGH ZIP 2022, 1647 Rn 13 m.w.N.). Diese Differenzrechnung muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (BGH NJW 2021, 53 Rn 25; vgl. auch BGHZ 75, 366 Rn 28; BGH WM 2014, 231 Rn 17; VersR 2020, 174 Rn 15; BGHZ 230, 224 Rn 20).
[14] cc) In der Rechtsschutzversicherung stellt der Anspruch auf Kostenbefreiung die Hauptleistung des VR dar. Die Kosten der Rechtsverfolgung bilden den Schaden, dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer übernommen hat (vgl. BGH NJW 2021, 2589 Rn 10).
[15] dd) Entschließt sich der VN in Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen zu einem gerichtlichen Vorgehen, handelt es sich bei den für das Verfahren anfallenden Kosten um seinen Schaden (vgl. BGH NJW 2021, 2584 10.6.2021 a.a.O. Rn 11). Dies gilt auch dann, wenn – wie das BG annimmt – der Mandant nur einen Auftrag unter der Bedingung einer Deckungszusage erteilt.
[16] b) Der Rechtsschutzversicherer hat die Kosten des Rechtsstreits aufgrund der dem Kl. erteilten Deckungszusage getragen. Dass die Deckungszusage in dem Wissen erteilt worden sei, ein Deckungsanspruch bestehe nicht, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich (…).
[17] 2. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs durch den Rechtsschutzversicherer aus übergegangenem Recht verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Rechtsverfolgung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Rechtsschutzversicherer die Deckungsanfrage des Bekl. geprüft und die zur Begründung des Schadensersatzanspruchs des Kl. geltend gemachte Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung selbst hätte erkennen können (vgl. BGH NJW 2021, 3324 Rn 23 m.w.N.).
[18] III. Das Urteil ist aufzuheben und die Sache an das BG zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
[19] 1. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist die tatrichterliche Würdigung des BG, dass der Kl. das Abtretungsangebot des Rechtsschutzversicherers angenommen und dieser auf eine Annahmeerklärung des Kl. verzichtet hat.
[20] 2. Für die Beurteilung der Frage, ob der Bekl. dem Kl. aus übergegangenem und nachfolgend abgetretenem Recht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist, kommt es darauf an, ob es bei einem pflichtgemäßen Handeln des Bekl. im Au...