Grundlagen des Vergütungsanspruchs des Gerichtssachverständigen
Der Vergütungsanspruch des gerichtlich bestellten Sachverständigen gegen die Staatskasse bestimmt sich nach §§ 8 ff. JVEG. Gem. § 8 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige ein Honorar für seine Leistungen nach Maßgabe der § 9 bis 11 JVEG, Fahrtkostenersatz gem. § 5 JVEG, Entschädigung für Aufwand nach § 6 JVEG sowie Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen nach den §§ 7 und 12 JVEG. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG wird das Honorar, soweit es nach Stundensätzen zu bemessen ist, für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Dabei wird die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war (§ 8 Abs. 2 Satz 2 HS 1 JVEG). Die Höhe des Stundensatzes bestimmt sich nach der Zugehörigkeit der Fachrichtung gemäß § 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG.
Erforderlicher Zeitaufwand
Für die Berechnung der Vergütung des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist nicht die tatsächlich aufgewendete Zeit, sondern nur der erforderliche Zeitaufwand maßgeblich, der sich nach der vom OLG Hamm wiedergegeben Rechtsprechung an dem Zeitaufwand orientiert, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen benötigt, um sich nach sorgfältigem Aktenstudium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehenden Überlegungen seine gutachterliche Stellungnahme zu den ihm gestellten Fragen abgeben zu können. Dies liest sich sehr schön, allein die Umsetzung in der gerichtlichen Praxis bereitet oft erhebliche Schwierigkeiten. Denn die Gerichte, die mit dem betreffenden Sachgebiet ja nicht vertraut sind (sonst hätten sie ja auch keinen Sachverständigen bestellen müssen), müssen nachträglich überprüfen, ob der von den Sachverständigen angesetzte Zeitaufwand angemessen und erforderlich ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es zwischen einzelnen Sachverständigen durchaus unterschiedliche Arbeitsweisen gibt. Der eine Sachverständige mag schnell sein, der andere mag bei der Beantwortung der im Beweisbeschluss gestellten Fragen langsamer und sorgfältig vorgehen. Deshalb kann ein Gericht kaum konkret überprüfen, ob die für die Erstellung eines Gutachtens angesetzte Stundenzahl auch nur einigermaßen angemessen und erforderlich ist.
Hier hatte das OLG Hamm es etwas einfacher. Es ging hier nicht um den für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Zeitaufwand des Sachverständigen, sondern um den Zeitaufwand für das Aktenstudium zur Vorbereitung der mündlichen Erörterung des Gutachtens. Hier fällt dem Richter eine Überprüfung der erforderlichen Zeit leichter, da er ja in etwa eigene Erfahrungssätze entwickelt hat, wie viel er selbst für das Studium der Gerichtsakte oder einzelner Bestandteile davon benötigt. Außerdem kann man dabei auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze "Seiten je Stunde" zurückgreifen.
Es hat hier die Entscheidung des Gerichts sehr vereinfacht, dass der Sachverständige O seinen Zeitaufwand trotz gerichtlicher Aufforderung nicht aufgeschlüsselt hat. So konnte das OLG Hamm den Zeitaufwand schätzen, ohne sich mit Angaben des Sachverständigen hierzu auseinandersetzen zu müssen. Hilfreich für das OLG Hamm war hier auch, dass im Beweisbeschluss insgesamt vier Sachverständige bestellt worden sind und diese – wenn sie diese Position überhaupt berechnet hatten – für das Aktenstudium zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung lediglich jeweils 9 Stunden angesetzt hatten.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
zfs 3/2023, S. 165 - 167