I. Der Kläger nimmt die beklagte Kommune wegen eines Unfalls, den er am 0.0.2018 gegen 11.10 Uhr als Radfahrer auf dem entlang des Baches A verlaufenden Rad-Wanderweges infolge einer herabstürzenden Baumkrone erlitten hat, auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche aus dem Unfallgeschehen entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen.
Der vorgenannte Rad-/Wanderweg verläuft zwischen B und C. Mit Ratsbeschluss vom 21.2.1975 hatte die Beklagte beschlossen, den zwischen der D Straße und der Westgrenze des Bebauungsplanes Nr. 01 "E" in Höhe des F Weges gelegenen Teil des Rad-/Wanderweges als öffentlichen Weg in einer öffentlichen Grünfläche festzusetzen. Für den westlich davon gelegenen Teilabschnitt des Rad-/Wanderweges bis zur G Straße, der über Privatgrundstücke verläuft, wurde beschlossen, dass der Weg in einer privaten Grünfläche als öffentliche Wanderwegfläche nachrichtlich dargestellt wird. Im Anschluss an die Beschlussfassung wurde den privaten Grundstückseigentümern von der Beklagten bestätigt, dass die Wegebau-, Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten auf die Beklagte übergehen.
Zum Unfallzeitpunkt waren von der Beklagten an dem an der G straße gelegenen Einmündungsbereich des Rad-/Wanderweges das Verkehrszeichen Nr. 240 StVO (gemeinsamer Geh- und Radweg), ein Verbotszeichen für Reiter sowie Pfeilwegweiser für den Fußgänger- und Radverkehr aufgestellt.
Der Kläger befuhr zum Unfallzeitpunkt den Rad-/Wanderweg von B kommend in Richtung C. Als er sich mit seinem Fahrrad ca. 150 m vor der G Straße befand, brach plötzlich aus einer am Wegesrand stehenden Eiche in ca. 6 bis 7 Meter Höhe die Baumkrone ab und stürzte auf den Kläger, wodurch dieser erhebliche Verletzungen erlitt. Der betreffende Abschnitt des Wanderweges ist auf einem im Eigentum des Herrn H stehenden Privatgrundstück gelegen.
In erster Instanz haben die Parteien unter anderem darüber gestritten, ob es sich bei dem Rad-/Wanderweg um eine öffentlich gewidmete Verkehrsfläche handelt, die Beklagte aufgrund der von ihr vom Grundstückseigentümer übernommenen Verkehrssicherungspflicht zu regelmäßigen Kontrollen des schadensverursachenden Baumes verpflichtet war, sie bei diesen Kontrollen den nicht verkehrssicheren Zustand des schadensverursachenden Baumes hätte erkennen können und müssen, und ob die Beklagte unabhängig hiervon zum Unfallzeitpunkt positive Kenntnis von dem schlechten Zustand der am Wegesrand stehenden Bäume hatte. Außerdem hat man über den Umfang der vom Kläger durch den Unfall erlittenen Verletzungen, Verletzungsfolgen und materiellen Schäden gestritten.
Das Landgericht (LG Bielefeld, Urt. v. 3.7.2022 – 6 O 30/21) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger mangels Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten weder Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zustünden. Der Unfall habe sich auf einem durch einen Wald i.S.v. § 2 LFoG NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 BWaldG führenden Waldweg ereignet. Es handele sich nicht um bloße Baumgruppen, sondern eine mit Forstpflanzen bestückte Grünfläche. Der 2,5 km lange Weg sei beidseitig mit einer Vielzahl von Bäumen und Baumreihen bestückt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers auf die Sicherung gegen nicht waldtypische Gefahren beschränkt. Eine Haftung für waldtypische Gefahren bestehe grundsätzlich nicht. Die Beklagte sei zwar nicht selbst Waldbesitzerin i.S.v. § 4 BWaldG, sei diesem aber durch die Übernahme der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers insoweit gleichzustellen. Eine Verpflichtung zur Durchführung regelmäßiger Kontrollen der Bäume, wie sie für an öffentlich gewidmeten Straßen stehende Bäume angenommen werde, habe vorliegend für die Beklagte nicht bestanden, weil der insoweit darlegungs- und beweislastete Kläger eine förmliche Widmung des Weges als öffentlichen Straße durch öffentliche Bekanntmachung einer dahingehenden Allgemeinverfügung nicht dargetan habe. Auch eine konkludente Widmung des Weges zur öffentlichen Straße, etwa durch Übernahme der Wegebau-, Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte, durch die Zugänglichmachung des Weges für die Bürger und Bürgerinnen oder durch das Aufstellen des Verkehrszeichens, komme nicht in Betracht. Mit dem Abbruch des Astes habe sich vorliegend auch eine waldtypische, nämlich dem Baum innewohnende Gefahr verwirklicht, für deren Verhinderung der Beklagten keine Verkehrssicherungspflicht oblegen habe und sie damit auch nicht hafte. Der Beklagten habe schließlich auch keine Verkehrssicherungspflicht aus § 242 BGB wegen etwaiger positiver Kenntnis von dem schlechten Zustand der Bäume in dem hier betroffenen Wald oblegen. Denn eine dahingehende Haftung würde dem Sinn und Zweck des Haftungsausschlusses für waldtypische Gefahren widersprechen. Ansonsten könnte durch jedwede Mitteilun...