Aus den Gründen: „ … Der Europäische Gerichtshof hat in seinen Urteilen vom 26.6.2008 [zfs 2008, 362, 473] zu der in derartigen Fallgestaltungen aufgeworfenen Missbrauchsproblematik nicht umfassend Stellung bezogen. Insbesondere hat er die Frage, ob es dem Aufnahmemitgliedstaat nach den maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften ausnahmsweise erlaubt ist, einer in einem anderen EG-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis die Anerkennung für sein Hoheitsgebiet zu versagen, wenn dem Fahrerlaubnisinhaber zuvor in seinem Hoheitsgebiet die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, ihm nach inländischem Recht wegen fortbestehender Eignungszweifel eine neue Fahrerlaubnis derzeit nicht ausgestellt werden könnte und nach innerstaatlichen Erkenntnissen gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der in dem Ausstellermitgliedstaat begründete Wohnsitz nicht wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen i.S.d. Art. 9 Abs. 1 RL, sondern allein zum Zweck der Erlangung der Fahrerlaubnis – also aus rechtsmissbräuchlichen Erwägungen – genommen wurde, jedenfalls nicht mit der gebotenen Deutlichkeit und damit nicht abschließend beantwortet. Dennoch ist nach Einschätzung des Senats die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH bei entsprechender Gelegenheit zu der im Zusammenhang mit der Eignungsfrage aufgeworfenen Missbrauchsproblematik dezidiert Stellung beziehen und in offensichtlichen Missbrauchsfällen ein Recht zur Verweigerung der Anerkennung bejahen wird, zwischenzeitlich als sehr gering einzustufen. Mit Blick auf die Rechtsausführungen des Gerichtshofs zu der Gesamtproblematik der Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen in den zahlreichen in den letzten Jahren ergangenen Entscheidungen – insbesondere auch in dem Beschl. v. 3.7.2008 (EuGH, Beschl. v. 3.7.2008 – C-225/07 – [Möginger], NJW 2009, 207 ff.) und in dem vor kurzem ergangenen Urt. v. 20.11.2008 (EuGH, Urt. v. 20.11.2008 – C-1/07 – [Weber], NJW 2008, 3767 ff.) – zeichnet sich unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Fallgestaltungen keine Tendenz des Gerichtshofs ab, bezüglich der Verpflichtung zur Anerkennung zwischen Fahrerlaubnissen, die nach ordnungsgemäßer Begründung eines Wohnsitzes gem. Art. 7 Abs. 1b, 9 Abs. 1 RL in dem Ausstellermitgliedstaat erworben wurden, und Fahrerlaubnissen zu differenzieren, die von dem Mitgliedstaat nach Begründung eines Scheinwohnsitzes ausgestellt wurden.
Den Urteilen des EuGH vom 26.6.2008 lagen Fallgestaltungen zugrunde, in denen eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach vorausgegangener Fahruntüchtigkeit wegen Alkohol- bzw. Rauschgiftkonsums nach innerstaatlichem Recht nicht ohne Nachweis der Überwindung der Suchtproblematik möglich gewesen wäre. Der Gerichtshof sollte u.a. darüber befinden, ob die Vorschriften der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1a und b sowie 8 Abs. 2 und 4 RL 91/439 EWG es dem Aufnahmemitgliedstaat verwehren, eine zwar außerhalb der Sperrzeit, aber unter Missachtung des Wohnsitzerfordernisses oder der Eignungsvoraussetzungen, die der Aufnahmemitgliedstaat insoweit zur Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs vorsieht, anzuerkennen. Bekanntermaßen beantwortete der Gerichtshof diese Fragen dahingehend, dass Art. 1 Abs. 2 RL den Mitgliedstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung ausgestellter Führerscheine auferlegt, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Es sei Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates, zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung – gegebenenfalls die Neuerteilung – einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Die anderen Mitgliedstaaten seien nicht befugt, die Beachtung der in der Richtlinie 91/439 aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen durch den Ausstellermitgliedstaat nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins sei nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllt hat. Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat gem. Nr. 5 des Anhangs III der Richtlinie für jede Erteilung eines Führerscheins eine strengere ärztliche Untersuchung als die in diesem Anhang beschriebenen vorschreiben könne, berühre daher nicht die Verpflichtung dieses Mitgliedstaats, die Führerscheine anzuerkennen, die die anderen Mitgliedstaaten entsprechend der Richtlinie ausgestellt haben. Ein Aufnahmemitgliedstaat, der die Erteilung einer Fahrerlaubnis insbesondere nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis von strengeren nationalen Voraussetzungen abhängig macht, dürfe daher die Anerkennung eines später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins weder mit der Begründung ablehnen, dass die nationale Regelung des Ausstellermitgliedstaats nicht dieselben Anforderungen aufstellt, wie sie der Aufnahmemitgliedstaat vorsieht, noch darauf stütz...