VVG §§ 42c, 42e a.F. = VVG §§ 61 Abs. 1, 63
Von einem Versicherungsmakler, der beauftragt wird, eine bestehende Krankenversicherung preisgünstiger zu gestalten, wird erwartet, dass er durch Vorlage seiner Dokumentation darlegt, wie er den Versicherungsnehmer beraten hat. Vermag er keine oder lediglich eine unzulängliche Dokumentation vorzulegen, trägt er die Beweislast für eine zutreffende Beratung.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 27.1.2010 – 5 U 337/09
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche gem. § 42e VVG a.F. = § 63 VVG wegen Verletzung von Beratungspflichten aus einem Versicherungsvermittlungsvertrag geltend.
Die Beklagte als Versicherungsmaklerin betreute den Kläger seit dem Jahr 2002. Der Kläger unterhielt bei der H-Versicherung eine nicht von der Beklagten vermittelte Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung. Im Jahr 2007 wandte der Kläger sich unter Vorlage des Nachtrages zum Versicherungsschein vom November 2006 an die Beklagte, da er eine Abänderung seines Krankenversicherungsschutzes mit dem Ziel einer geringeren monatlichen Beitragslast wünschte und erteilte dieser hierzu einen Maklerauftrag. Am 18.6.2007 fand ein Gesprächstermin mit dem Ehemann der Beklagten, dem Zeugen M J statt, in dem die beabsichtigte Umstellung des Versicherungsschutzes erörtert wurde. Unstreitig berichtete der Kläger dabei von seinen Plänen, mit seiner Ehefrau nach T auszuwandern. Der Zeuge J nahm in dem Termin auf der Rückseite des Nachtrages folgenden von ihm selbst und dem Kläger unterzeichneten handschriftlichen Vermerk auf: "18.6.2007 Es erfolgte bezüglich des KV Vertrages keine Beratung! Herr B wünscht eine Umstellung in Start Fit mit 300 SB ohne weitere Zusatz-Versicherungen!"
Dementsprechend stelle die H-Versicherung den Krankenversicherungsschutz um. Eine Krankentagegeldversicherung war darin nicht mehr enthalten.
Nach einer mehrwöchigen schweren Erkrankung verlangte der Kläger das ihm entgangene Krankentagegeld als Schadensersatz von der Beklagten.
Aus den Gründen:
“… II. 1. … Das LG hat als Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des Klägers zutreffend … § 42e VVG a.F. (= § 63 VVG) herangezogen, der später ohne inhaltliche Änderung in die Vorschrift des § 63 VVG übernommen wurde.
Danach ist der Versicherungsmakler als Versicherungsvermittler im Sinne dieser Regelung (§ 42a Abs. 1, 3 VVG a.F.) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung von – hier allein in Betracht kommenden – beratungsbezogenen Pflichten nach § 42c VVG a.F. entsteht. § 42c Abs. 1 VVG a.F. (= § 61 Abs. 1 VVG) schreibt die in der Rspr. bereits entwickelte Pflicht des Versicherungsmaklers (vgl. hierzu Senat VersR 2003, 195) fest, den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder nach der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und sachgerecht und angemessen zu beraten. Außerdem hat er dies unter Angabe der Gründe für den von ihm erteilen Rat zu dokumentieren.
a) Unstreitig hatte der Kläger die Beklagte unter Vorlage eines Nachtrages zum Versicherungsschein über den bislang bestehenden Krankenversicherungsschutz mit dem Anliegen einer Reduzierung der Prämienbelastung aufgesucht. Bezogen auf diesen Anlass war die Beklagte deshalb verpflichtet, dem Kläger die Möglichkeiten für Einsparungen aufzuzeigen und auf die hiermit jeweils verbundenen Risiken hinzuweisen, soweit sich diese dem Kläger nicht ohne weiteres offenbarten.
b) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte diese Aufklärungs- und Informationspflicht verletzt hätte.
aa) Wie das LG zu Recht festgestellt hat, folgt dies aber nicht bereits daraus, dass der Kläger auf Beratung gänzlich verzichtet hätte. Ungeachtet der Frage, ob der von dem Kläger unterzeichnete handschriftliche Vermerk des Zeugen J. ‘Es erfolgte bezüglich des KV Vertrages keine Beratung! Herr B wünscht eine Umstellung in Start Fit mit 300 SB ohne weitere Zusatz-Versicherungen’ unter Berücksichtigung der Gesamtumstände überhaupt als Verzichtserklärung des Klägers gewertet werden könnte, erfordert ein (wirksamer) Verzicht nach § 42c Abs. 2 VVG a.F. (§ 61 Abs. 2 VVG) den ausdrücklichen Hinweis des Versicherungsvermittlers, dass ein solcher sich nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken könne, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatz nach § 42e VVG a.F. (§ 63 VVG) geltend zu machen. Hieran fehlt es jedoch.
bb) Zwar trägt im Grundsatz der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Beratungspflicht (vgl. zuletzt BGH VersR 2007, 1411). Allerdings sind die von der Rspr. entwickelten Grundsätze der Beweislastverteilung nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen heranzuziehen (vgl. BT-Drucks 16/1935, 25, 26). Von dem Versicherungsvermittler kann deshalb zumindest ...