Das OLG Nürnberg ist – soweit ersichtlich – das erste OLG, das aus den Änderungen des § 142 Abs. 1 StPO hinsichtlich der Auswahl des Pflichtverteidigers erstattungsrechtliche Konsequenzen für den Wahlanwalt gezogen hat. Zuvor sind lediglich untergerichtliche Entscheidungen bekannt geworden, so etwa AG Witten RVGreport 2010, 234 (Burhoff) = VRR 2010, 280 = AGS 2010, 326 = StRR 2010, 360 für die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten; LG Bochum StRR 2010, 117 gegen die Erstattungsfähigkeit. Nach der Neufassung des § 142 StPO durch das 2. OpferRRG v. 29.7.2009, BGBl I, S. 2280 spielt die Frage der Ortsansässigkeit des Rechtsanwalts bei der Auswahl und Bestellung des Pflichtverteidigers nicht mehr die entscheidende Rolle (s. OLG Köln NStZ-RR 2011,49 = StRR 2011, 63). Der Gesetzgeber hat dieses Merkmal aus dem Gesetzestext gestrichen. Dies hat der Gesetzgeber damit begründet, eine Überbetonung dieses einzelnen Kriteriums durch die Benennung im Gesetz solle vermieden werden, da weitere ebenso gewichtige Umstände wie ein besonderes Vertrauensverhältnis zu dem Beschuldigten bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen seien (vgl. BT-Drucks 16/12098 S. 20, 21). Damit ist von erheblicher Bedeutung für die Bestellung des Pflichtverteidigers das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeschuldigten bzw. Angeklagten und seinem Verteidiger. Der auswärtige Pflichtverteidiger erhält aus der Landeskasse gem. § 45 Abs. 3 RVG die gesetzlichen Gebühren und Auslagen, zu denen nach § 46 Abs. 1 RVG auch die Reisekosten gehören. Diese sind aus der Landeskasse nur dann nicht zu ersetzen, wenn die Reise zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich war. Die Darlegungslast dafür, dass die Reise nicht erforderlich war, hat die Landeskasse.

Aus Gründen der Gleichbehandlung gelten die vorstehenden Erwägungen auch für den Wahlverteidiger. Im Kostenfestsetzungsverfahren darf dem Angeschuldigten deshalb nicht entgegengehalten werden, sein Verteidiger sei nicht am Gerichtsort ansässig gewesen. Die gegenteilige ohne nähere Begründung versehene Entscheidung des LG Bochum (StRR 2010, 117) überzeugt nicht. Allerdings sollte das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Angeschuldigtem und seinem auswärtigen Wahlverteidiger hervorgehoben werden, wie es der Entscheidung des OLG Nürnberg zugrunde lag.

Heinz Hansens

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?