Das Miterleben eines Unfallereignisses wie die Mitteilung über ein Unfallereignis können zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, die auch durch psychische Einwirkungen vermittelt worden sein können. Anders als bei körperlichen Einwirkungen auf das Opfer eines Unfalls liegt ein Fernwirkungsschaden vor, da die "eigentliche" Verletzungshandlung gegenüber einem Dritten der Auslöser für die psychische Reaktion ist. Rechtsgüter des durch den Schock des Miterlebens oder der Mitteilung über den Unfall Betroffenen werden nur mittelbar, aber häufig gleichwohl messbar verletzt. Die Annahme einer unbeschränkten Haftung des Schädigers würde zu einer Uferlosigkeit der Ansprüche führen. Um diesen Anspruch auch wegen der ansonsten nicht gewährleisteten Deckung durch das Haftungsausgleichssystem der Haftpflichtversicherungen befriedigen zu können (vgl. von Caemmerer, DAR 1970, 261), werden zwei Beschränkungen angenommen.
1. Zunächst muss der psychische Eindruck des miterlebten oder mitgeteilten Unfallereignisses dazu führen, dass die vermittelte gesundheitliche Beeinträchtigung Krankheitswert besitzt, die pathologisch fassbare Gesundheitsbeeinträchtigungen über den üblichen seelischen Schmerz hinaus auslöst (vgl. BGH NJW 1989, 2317, 2318; BGH NJW 1996, 2425, 2426; BGHZ 56, 163, 165; OLG Karlsruhe NZV 2012, 41, 42; OLG Celle MDR 2008, 1101; OLG Naumburg NJW-RR 2005, 900; Staudinger/Hager, BGB, Bearbeitung 1999, § 823 Rn B 32 m.w.N.). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass § 823 Abs. 1 BGB die Schadensersatzpflicht auf klar umrissene Tatbestände beschränkt, ein gewisser Schweregrad der Gesundheitsbeeinträchtigung damit erreicht sein muss. Unterhalb der Schwelle der Gesundheitsbeeinträchtigung liegende psychisch vermittelte Störungen rechtfertigen nicht die Annahme eines erfolgreichen "Eingriffs" in das Rechtsgut der Gesundheit, sind damit aufgrund des jedermann treffenden Lebensrisikos ersatzlos hinzunehmen (vgl. auch BGH VersR 2007, 803; Burmann/Jahnke, NZV 2012, 505).
2. Bedeutsamer ist die weitere, von der Rspr. angenommene Beschränkung der Haftung des Schädigers für psychisch vermittelte Fernwirkungsschäden des Opfers. Für die Ersatzpflicht muss eine besondere personale Beziehung des mittelbar Geschädigten zu einem durch die Primärschädigung Betroffenen, schwer verletzten oder getöteten Menschen bestehen (vgl. BGH NJW 1984, 1405; BGH NJW 1986, 777; BGH VersR 2007, 803; BGH zfs 2012, 376). Diese den Anwendungsbereich eines ersatzfähigen Schockschadens wesentlich weitergehende Einschränkung entnimmt die Rspr. der in § 844 BGB enthaltenen Wertung, wonach mittelbare Schädigungen Dritter durch Verletzung oder Tötung von Unterhaltsverpflichteten nur dann ersatzfähig sind, wenn es sich bei den Getöteten oder Verletzten um nahe Angehörige und deshalb Unterhaltsverpflichtete handelt. Die enge personale Verbundenheit des mittelbar Betroffenen mit dem Opfer der Erstschädigung wird als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als ein normales Lebensrisiko des mittelbar Betroffenen verstanden (vgl. BGH zfs 2012, 376; BGH NJW 2005, 2614). Diese Einschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten wurde vereinzelt abgelehnt (vgl. LG Frankfurt am Main NJW 1969, 2286, 2287; Dunz, VersR 1986, 449; vgl. auch die Nachweise bei Staudinger/Hager a.a.O. § 823 Rn B 35), wird aber nach wie vor zugrunde gelegt.
Diese Verknüpfung der Bestimmung des Kreises der Ersatzberechtigten mit der notwendigen personalen Verbindung des Opfers der Erstschädigung mit dem durch Schockschaden Betroffenen hat zur Folge, dass sich der mittelbar Betroffene ein etwaiges Mitverschulden des "Erstopfers" an dem Eintritt des Unfalls anrechnen lassen muss. Da die psychisch vermittelte Schädigung nur auf einer besonderen persönlichen Bindung an den "unmittelbar" Verletzten beruht, muss sich der Angehörige das Mitverschulden des unmittelbar Verletzten nach der durchschlagenden Wirkung des Rechtsgedankens aus §§ 846, 254 BGB anrechnen lassen (vgl. BGH VersR 2007, 803; OLG Düsseldorf NZV 2013, 40, 42; OLG Hamm VersR 1982, 557, 558; zu den Gegenstimmen vgl. die Nachweise bei Staudinger/Hager, a.a.O. § 823 Rn B 8).
3. Nicht nur die hohen Hürden für die Zubilligung von Schadensersatzansprüchen von Opfern psychisch vermittelter Beeinträchtigungen, sondern auch in Europa eingeführte oder geplante Ansprüche auf Angehörigenschmerzensgeld könnte die Diskussion um die Zubilligung von Ersatzansprüchen für Schockschäden entbehrlich machen (vgl. Huber, NZV 2012, 5 f., Schultzky, VersR 2011, 857 ff.; A. Diederichsen, DAR 2011, 122 f.; Schwintowsky/Schah Sedi/Schah Sedi, zfs 2012, 6 ff.; vgl. auch Jaeger/Luckey, "Schmerzensgeld", 5. Aufl., Rn 876). Wie sich der Empfehlung des 50. Verkehrsgerichtstages 2012 entnehmen lässt, wird eine finanzielle Entschädigung für nächste Angehörige als Symbol für Mitgefühl mit dem seelische Leid und dem Gefühl für Gerechtigkeit befürwortet. Die von der Rspr. zuerkannten Ansprüche für Angehörige wegen Schockschadens werden dem nicht gerecht. Die Legisla...