Eine Sonderproblematik kann sich ergeben, wenn dem Geschädigten selbst der etwaige Vorschaden nach eigener Auskunft nicht bekannt ist, weil er z.B. das Unfallfahrzeug in zwar gebrauchtem, aber äußerlich vorschadensfreiem Zustand erworben hat. Behauptet der Anspruchsgegner in diesem Fall einen relevanten Vorschaden, kann sich der Geschädigte zwar als primär Darlegungsbelasteter nicht mit Nichtwissen i.S.d. § 138 Abs. 4 ZPO erklären. Doch endet seine Substantiierungsverpflichtung grds. an der Grenze des eigenen Kenntnisstandes bzw. der eigenen Wahrnehmung; zur Ermittlung ihm nicht bekannter Umstände ist der Anspruchsteller auch insoweit nicht verpflichtet. Bei dargelegter Unkenntnis reicht es daher aus, wenn der Geschädigte substantiierten und ggf. beweisbewehrten Vortrag zum Zustand des Unfallwagens im Zeitpunkt des Erwerbs und im Zeitpunkt des Unfalls hält und wenn er durch Benennung des Vorbesitzers oder Verkäufers als Zeugen oder eines Sachverständigen Beweis antritt für seine notwendig pauschale Behauptung (und letztlich Vermutung), dass der Vorschaden fachgerecht repariert worden sei. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH genügt eine Partei nämlich grds. ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht in der Person des Anspruchstellers begründet erscheinen zu lassen. Der Eintritt in die Beweisaufnahme kann in diesem Fall regelmäßig nicht wegen Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht oder wegen vermeintlicher Ausforschung verwehrt werden. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Anerkanntermaßen ist jedoch bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne Zurückhaltung geboten; i.d.R. wird sie nur das Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte rechtfertigen können.
Diskutiert werden kann in diesem Zusammenhang allerdings über die Frage, ob den Anspruchsteller zunächst die Pflicht trifft, sich beim Vorbesitzer bzw. dem Verkäufer nach Existenz, Ausmaß und ggf. Reparatur des von der Gegenseite behaupteten Vorschadens zu erkundigen. Doch lässt sich eine solche Informationsbeschaffungspflicht des Geschädigten nicht ohne weiteres begründen. Zwar dürfte der materielle Auskunftsanspruch des Geschädigten regelmäßig bestehen, etwa als vertraglicher Nebenanspruch aus seinem Kaufvertrag mit dem Verkäufer. Doch führt dies nicht automatisch zu seiner auch prozessualen Erkundigungspflicht. Eine solche dürfte wohl nicht allein aus der allgemeinen Prozessförderungspflicht abzuleiten, sondern nur dann anzunehmen sein, wenn Geschädigter und Vorbesitzer/Verkäufer "im gleichen Lager" stehen. Dies ist ggf. auch eine Frage des Einzelfalls.
Auf der anderen Seite kann es unter Umständen nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast und die prozessualen Mitwirkungspflichten (§ 142 ZPO) dem beklagten Versicherer obliegen, seinerseits zur Aufhellung der von ihm aufgeworfenen Vorschadensfrage beizutragen, etwa durch Vorlage eines in seinem Bestand befindlichen oder über die HIS-Datei bekannt gewordenen Vorschadensgutachtens und durch Preisgabe bestehender Kenntnisse über eine etwa erfolgte Schadensbehebung.
Das Risiko der Nichterweislichkeit verbleibt freilich – wie auch sonst auf der 1. und auf der 3. Prüfungsstufe – beim Anspruchsteller, dem daher schon aus eigenem Interesse an einer möglichst substantiierten Sachdarstellung gelegen sein sollte.