Im Kaskoversicherungsrecht[20] wird mit Bezugnahme auf die BGH-Rechtsprechung von einem Augenblicksversagen ausgegangen, wenn eine unbewusst fahrlässige Handlung eingetreten ist, die auch einem ansonsten pflichtbewussten und sorgfältigen Fahrer einmal unterlaufen[21] und als Ausrutscher oder einmaliges Versagen letztlich jedem Autofahrer passieren kann.[22] Die reine Feststellung des einmaligen Versagens genügt allerdings nicht um nur einfache Fahrlässigkeit anzunehmen. Es müssen weitere individuelle Umstände, wie eine Krankheit oder eine nachvollziehbare Ablenkung hinzutreten.[23]

Die nachvollziehbare Ablenkung ist ein geeigneter Anknüpfungspunkt zum Augenblicksversagen im Ordnungswidrigkeitenrecht. Manche Richter halten Vortrag hierzu nur für glaubhaft, wenn er rechtzeitig und persönlich vorgetragen wird.[24]

Diese Umstände eignen sich häufig nicht für einen einheitlichen Vergleich. Bei überwiegend inneren Um- und Zuständen des Betroffenen muss es deshalb wohl bei Einzelfallbetrachtungen bleiben und auf eine vergleichende Fallgruppenbildung verzichtet werden.

[20] Hauser in: Handbuch des Fachanwaltes Versicherungsrecht, 5. Aufl., 15. Kapitel, Rn 101 mit entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen; Hauser führt diese Beispiele für die Kürzung von Kaskoversicherungsleistungen bei Mitverschulden auf. Sie gelten grundsätzlich aber auch für den Schuldvorwurf im OWi-Verfahren.
[21] BGH, VersR 1986, 962.
[22] BGH VersR 1992, 1095; VersR 1989, 582.
[23] Hauser (a.a.O. mit Bezug auf BGH r+s 1992, 292 und weitere Nachweise) nennt für die Kaskoversicherung weitere Umstände, wie Konzentrationsschwäche und Alter, was sich für ein Ordnungswidrigkeitsverfahren aber als Bumerang erweisen könnte, weil entsprechende Feststellungen Anlass zu einer Überprüfung der Fahrtauglichkeit sein könnten.
[24] Zwischen zwei Verhandlungen sagte ein Richter zu mir nahezu wörtlich: "Na klar gibt es Augenblicksversagen. Aber wenn sich jeder darauf beruft, kommt es kaum noch zu Verurteilungen, wenn der Betroffene sich nicht zu doof anstellt."

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge