Die Entscheidung des EuGH knüpft an seine Rspr. zu Fragen des "Führerscheintourismus" an, skizziert diese und stellt zunächst fest, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung vorbehaltlich der in der Richtlinie 2006/126 festgelegten Ausnahmen grds. auch für einen Führerschein gilt, der aus einem Umtausch hervorgegangen ist. Der EuGH hatte bereits entschieden, dass dann, wenn sich auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass eine der in der Richtlinie 2006/126 aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt war, der Aufnahmemitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Anerkennung des Führerscheins ablehnen kann. Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126 ist dahin auszulegen, dass er einem Mitgliedstaat gestattet, die Anerkennung eines nach Art. 11 Abs. 1 dieser Richtlinie umgetauschten Führerscheins mit der Begründung abzulehnen, dass er dem Inhaber dieses Führerscheins vor dem Umtausch die Fahrerlaubnis entzogen hatte. Dazu passt auch die Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 5.7.2018 – 3 C 9.17 (Der Verkehrsanwalt 2018, 219 = DAR 2018, 704 = NJW 2018, 3661 = NZV 2019, 52 = BVerwGE 162, 308): "Hat ein Mitgliedstaat einen EU-Führerschein unter offensichtlichem Verstoß gegen die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes ausgestellt und tauscht ein anderer Mitgliedstaat diesen Führerschein um, wirkt der Wohnsitzmangel in dem umgetauschten Führerschein fort. Ein Führerschein, den ein anderer Mitgliedstaat nach Ablauf einer Sperrfrist im Wege des bloßen Umtauschs ausgestellt hat, berechtigt vor deren Tilgung nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland." Zur Probl. s.a. VG Trier, Beschl. v. 9.2.2021 – 1 L 31/21.TR: "Inhaber einer im europäischen Ausland erteilten Fahrerlaubnis für unionsrechtlich harmonisierte Fahrerlaubnisklassen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, sind aufgrund dieser Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftahrzeugen auch im Inland berechtigt, es sei denn, diese Fahrerlaubnis wurde zu einem Zeitpunkt erteilt, an dem dem Fahrerlaubnisinhaber im Bundesgebiet aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung keine Fahrerlaubnis hätte erteilt werden dürfen. In einem solchen Fall darf die zuständige deutsche Fahrerlaubnisbehörde mittels Bescheid feststellen, dass die im EU Ausland erteilte Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt und zur Vorlage der Fahrerlaubnis auffordern, um einen entsprechenden Sperrvermerk anzubringen" (Aus der Pressemitteilung Nr. 5/2021 v. 22.2.2021, VG Trier).
Direktor des Landesverwaltungsamtes des Saarlandes a.D. Klaus-Ludwig Haus
zfs 4/2021, S. 233 - 236