Diesel-Skandal
Restschadensersatzanspruch nach § 852 S. 1 BGB bei Erwerb eines vom sog. Diesel-Skandal betroffenen Neuwagens (BGH, Urt. v. 21.2.2022 – VIa ZR 8/21 u.a.)
Mit Urteilen v. 21.2.2022 (VIa ZR 8/21 u. VIa ZR 57/21) hat der zur Entlastung eingerichtete VIa. Zivilsenat des BGH entschieden, dass dem Käufer eines Neuwagens im Falle der Verjährung des Anspruchs nach § 826 BGB gegen den Hersteller ein Restschadensersatzanspruch nach § 852 S. 1 BGB zusteht. Das nach § 852 S. 1 BGB herauszugebene Erlangte bestehe bei Erwerb vom Hersteller in dem vom Käufer bezahlten Kaufpreis, bei Erwerb von einem zwischengeschalteten Händler in dem Einkaufspreis des Händlers. Der Restschadensersatzanspruch aus §§ 826, 852 S. 1 BGB reiche nicht weiter als der Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB, der grundsätzlich der Vorteilsausgleichung unterliege. Der Erwerber müsse sich deshalb eine Nutzungsentschädigung für mit dem Fahrzeug gefahrene Kilometer anrechnen lassen und könne Zahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangen. Beim Erwerb eines Gebrauchtwagens hat der BGH dagegen einen Anspruch nach § 852 BGB verneint (zfs 2022, 122).
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 022/2022 v. 21.2.2022
Keine Haftung der Bundesrepublik Deutschland im sog. Diesel-Skandal für eine möglicherweise unzureichende Umsetzung und Anwendung europäischen Rechts (BGH, Urt. v. 17.3.2022 – III ZR 87/21)
Der u.a. für das Amts- und Staatshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat des BGH hat mit Urt. v. 17.3.2022 (III ZR 87/21) entschieden, dass dem Erwerber eines mit dem Dieselmotor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs keine Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen einer möglicherweise unzureichenden Umsetzung von Europarecht zustehen. Der Kläger wirft der Bundesrepublik Deutschland vor, das Kraftfahrtbundesamt habe für das von ihm erworbene Fahrzeug eine fehlerhafte Typgenehmigung erteilt und die Richtlinie 2007/46/EG nicht richtig umgesetzt. Zudem sei kein ausreichendes Sanktionssystem geschaffen worden. Nach dem Urteil des BGH haben die Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung 715/2007/EG drittschützende Wirkung nur im Hinblick auf das Interesse des Erwerbers, dass das Fahrzeug zur Nutzung im Straßenverkehr zugelassen wird und dass diese Nutzung nicht aufgrund mangelnder Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ bzw. den für diesen Typ geltenden Rechtsvorschriften untersagt wird. Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung seines wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts und der Schutz des Käufers vor einem ungewollten Vertrag werde jedoch vom Schutzzweck der vorgenannten europarechtlichen Normen nicht erfasst.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 034/2022 v. 17.3.2022
Strafrecht
Straftatbestand "Verbotene Kraftfahrzeugrennen" (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB) mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Beschl. v. 9.2.2022 – 2 BvL 1/20)
Mit am 1.3.2022 veröffentlichten Beschluss v. 9.2.2022 hat der Zweite Senat des BVerfG auf Vorlage des AG Villingen-Schwenningen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, der sog. Einzelrennen unter Strafe stellt, für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Der Gesetzgeber habe den Tatbestand hinreichend konkretisiert und so dem aus dem Gewaltenteilungsgebot folgenden Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan. Insbesondere sei das subjektive Tatbestandsmerkmal "um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen" einer methodengerechten Auslegung durch die Fachgerichte zugänglich.
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 18/2022 v. 1.3.2022
COVID-19-Pandemie
Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Am 18.3.2022 ist das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften v. 18.3.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I S. 466). Es ist im Wesentlichen am 19.3.2022 und 20.3.2022 in Kraft getreten. Nach dem Auslaufen der meisten Corona-Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz sind die Länder ab dem 20.3.2022 nur noch befugt, unabhängig vom lokalen Infektionsgeschehen bestimmte niedrigschwellige Maßnahmen anzuordnen, wie etwa die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr und medizinischen bzw. pflegerischen Einrichtungen. Bei lokal begrenzten bedrohlichen Infektionslagen (sog. Hot Spots), die das Landesparlament feststellt, sind erweiterte Schutzmaßnahmen möglich, etwa Maskenpflicht, Abstandsgebot und Hygienekonzepte. Um Schutzlücken zu vermeiden, konnten die Länder bereits bestehende Schutzmaßnahmen, die zukünftig nur noch für Hot Spots gelten, bis zum 2.4.2022 weiter anwenden. Andere Regelungen sind zum 19.3.2022 ohne Übergangsregelung ausgelaufen.
Quelle: BundesratKOMPAKT v. 18.3.2022 – www.bundesrat.de
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 4/2022, S. 182