Bei der Frage, ob ein psychischer Primärschaden vorliegt, geht es um die haftungsbegründende Kausalität. Der Geschädigte muss daher dem strengen Beweismaßstab des § 286 ZPO genügen; erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie ganz verstummen zu lassen. Dem Geschädigten kommt keine Beweiserleichterung in Form eines Anscheinsbeweises zugute, da diesem die hier in Rede stehenden individuellen Geschehensabläufe nicht zugänglich sind. Für die Dauer und die Schwere der Beeinträchtigungen gilt bei nachgewiesener Primärschädigung das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO.
Wendet der Schädiger ein, dass ein Bagatellunfall oder die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos vorliegt, so ist er hierfür beweisbelastet, da es sich um Ausnahmen von der Regel handelt.
An den Vortrag zu den psychischen Schäden dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Es reicht aus, wenn Richtsymptome einer psychischen Erkrankung, wie z.B. Unruhe, Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit vorgetragen werden, um eine entsprechende Begutachtung zu veranlassen. Konkrete Beeinträchtigungen müssen in ihrer Erscheinungsform und Intensität dargetan werden. Nicht ausreichend ist hingegen die bloße Behauptung, der Geschädigte habe noch Monate später unter dem Eindruck des Unfalls gestanden bzw. ein nur pauschaler Vortrag über Unfallfolgen psychischer Art. Die Notwendigkeit genauen Vortrags ergibt sich in erhöhtem Maße bei Schockschäden, da, wie ausgeführt, hier die regelmäßig mit dem Verlust eines nahen Angehörigen verbundenen Beeinträchtigungen, auch wenn sie medizinisch bereits fassbar sind, als solche eben nach der Rechtsprechung nicht ausreichend sind. Es müssen daher Beeinträchtigungen vorgetragen werden, die darüber hinausgehen.
Voraussetzung ist in allen Konstellationen, dass der Anwalt die geklagten Beschwerden seines Mandanten ernst nimmt und verwertet.
Gem. dem Beibringungsgrundsatz im Zivilprozess muss der Anwalt des Geschädigten einen psychischen Schaden und die ihn ausmachenden Phänomene behaupten und unter Beweis stellen. Er ist schon im außergerichtlichen Stadium der Regulierung gehalten, bei entsprechenden Anzeichen zielgerichtet auf eine unfallnahe fachärztliche Behandlung, Begutachtung und Dokumentation der psychischen Schäden hinzuwirken, sofern dies nicht seitens der erstbehandelnden Ärzte geschieht. Je später eine psychische Schädigung dokumentiert wird, umso schwieriger ist der Nachweis der Unfallbedingtheit. Sind die Beeinträchtigungen ärztlich dokumentiert, kann im Prozess dann unter Verwertung der ärztlichen Atteste oder Gutachten ein psychischer Schaden schlüssig dargetan werden, da der Vortrag als urkundlich belegt zu würdigen ist. Im außergerichtlichen Bereich sind entsprechende Gutachten oder Atteste unabdingbar, um die nicht objektivierbaren Beschwerden nachzuweisen. Mit einer bloßen, womöglich nur beiläufigen Bestätigung des Hausarztes wird sich der Nachweis einer psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert in aller Regel nicht führen lassen. Dies gilt umso mehr, als die der psychiatrischen Begutachtung zugrunde liegenden diagnostischen Manuale (DSM-IV bzw. ICD-10) nur von "Störungen" sprechen, so dass eine entsprechende Diagnose allein den erforderlichen Krankheitswert einer psychischen Beeinträchtigung nicht ohne weiteres belegt.
Im Prozess muss der Darlegung des psychischen Schadens unbedingt der Antrag auf Einholung eines psychiatrischen und/oder psychologischen Gutachtens folgen. Das Gericht ist von sich aus nicht gehalten, ein solches Gutachten einzuholen, auch wenn in einem im Prozess eingeholten Gutachten ein psychischer Schaden als Grund für die Beeinträchtigungen des Geschädigten genannt ist, der Kläger aber einen psychischen Schaden nicht behauptet. In solchen Fällen muss der Anwalt flexibel reagieren und den Vortrag, zumindest im Wege einer Hilfsbegründung, auch auf mögliche psychische Schäden erweitern. Das Gericht wird von sich aus nur in Ausnahmefällen bei fehlender Beweisbarkeit eines organischen Schadens einen psychischen Schaden als gegeben ansehen, wenn der Geschädigte sich selbst nicht darauf beruft. Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens muss im Hinblick auf die Präklusionsvorschriften auch bereits in der ersten Instanz gestellt werden, im Revisionsverfahren ist er jedenfalls zu spät.