Es ist anerkannt, dass eine Gesundheitsschädigung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB keine physische Einwirkung auf den Körper des Verletzten voraussetzt, sondern auch psychisch vermittelt werden kann. Immer dann, wenn Schmerzensgeldansprüche gegeben sein können, kommen psychische Schäden als Grundlage für einen Schmerzensgeldanspruch in Betracht, so auch in der Regulierung von Verkehrsunfällen.
Psychische Schäden sind mittlerweile einer der häufigsten Gründe für Krankschreibungen, mit steigender Tendenz. Nach einer Mitteilung des Bundesamtes für Statistik betrugen bereits im Jahre 2004 die für psychische und Verhaltensstörungen aufgewandten Krankheitskosten 22,8 Milliarden EUR und somit mehr als 10 Prozent der gesamten Krankheitskosten dieses Jahres.
Auch die an der Regulierung von Unfällen Beteiligten werden in den letzten Jahren mehr und mehr mit psychischen Schäden konfrontiert, was sich auch in der Regelmäßigkeit zeigt, mit der sich die Gerichte mit dieser Problematik zu befassen haben. Neben der "klassischen" Verletzung der HWS, die hier nur ganz am Rande thematisiert werden soll, scheint die posttraumatische Belastungsstörung zu einer der häufigsten Unfallfolgen zu avancieren.
In der Praxis gestaltet sich der Umgang mit psychischen Schädigungen nicht einfach. In Ermangelung einer bildgebenden Diagnostik und zumeist jeden äußerlichen Anzeichens einer solchen Schädigung kann der Anwalt des Geschädigten von sich aus die geklagten Beschwerden nicht verifizieren und ist zunächst nur auf die Angaben seines Mandanten angewiesen. Wenn dieser, vielleicht weil er sich einer psychischen Reaktion schämt oder sie nicht als solche erkennt, hierzu aber nichts sagt, kann es durchaus geschehen, dass entsprechende Ansprüche überhaupt nicht geltend gemacht werden, es sei denn, ein behandelnder Arzt stellt eine dann mehr oder weniger zufällige Diagnose. Es besteht insbesondere wegen der fehlenden Objektivierbarkeit auch die Möglichkeit, dass der Mandant Beschwerden behauptet, die gar nicht vorhanden sind oder vorhandene Beschwerden übertreibt, wobei dies keineswegs immer in betrügerischer Absicht geschehen muss, sondern gerade ein Aspekt einer psychischen Fehlverarbeitung sein kann. Es kommen aber durchaus auch Fälle reiner Simulation vor.
Für die Versicherer stellen psychische Schäden in Anbetracht der angesprochenen Krankheitskosten ein hohes und schwer zu kalkulierendes Risiko dar. Dies zeigt sich, worauf am Rande hinzuweisen ist, u.a. in der Unfallversicherung: Krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktion, gleichgütig, wodurch sie verursacht werden, unterfallen dem gegenüber den alten Bedingungen der AUB 61 erheblich ausgeweiteten Risikoausschluss des § 2 IV AUB 88. Entsprechend reagieren auch die Haftpflichtversicherer auf die Behauptung des Vorliegens psychischer Schäden meist ablehnend, jedenfalls aber zurückhaltend. Für den Geschädigten kann dies die Situation verschlimmern, da er sich nicht ernst genommen fühlt.
Auch die zu der haftpflichtrechtlichen Thematik ergangene Rechtsprechung ist tendenziell eher restriktiv und schränkt den grundsätzlich bejahten Anspruch des Geschädigten auf der Ebene der haftungsrechtlichen Zurechenbarkeit z.T. erheblich ein.
Oftmals werden im Haftpflichtprozess vorhandene Symptome psychischer Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen oder das wiederholte Erleben des Unfalls nur mehr oder weniger beiläufig erwähnt, ohne diesen einen eigenständigen Krankheitswert beizumessen. In der Regel geschieht dies, um einen höheren Schmerzensgeldanspruch zu begründen, sei es in Unkenntnis, dass hier eine eigenständige Verletzung vorliegen kann, sei es, weil eine psychische Schädigung als solche gar nicht erkannt worden ist.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen die Problematik insbesondere aus dem anwaltlichen Blickwinkel beleuchten.