„Das LG hat seine Entscheidung zu Recht als zweites Versäumnisurteil bezeichnet. Der Vollstreckungsbescheid des AG A steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten (ersten) Versäumnisurteil gleich. Das ergibt sich aus § 700 Abs. 1 ZPO. Der rechtzeitige Einspruch des Bekl. hatte die Rechtsfolgen des § 700 Abs. 3 ZPO.
Nach Eingang der Anspruchsbegründung musste wie nach Eingang einer Klage weiter verfahren werden (§ 700 Abs. 4 S. 1 ZPO). Da § 700 Abs. 4 S. 2 ZPO ausdrücklich bestimmt, dass § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht anzuwenden ist, schied die Bestimmung einer zweiwöchigen Notfrist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft aus.
Der in der mündlichen Verhandlung vom 22.1.2010 formulierte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Notfrist zur Verteidigungsanzeige ging daher ins Leere.
Soweit darin ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der nach § 275 Abs. 1 ZPO bestimmten Klageerwiderungsfrist zu sehen ist, musste dieser Antrag abgelehnt werden, weil die Frist des § 275 Abs. 1 ZPO nicht unter die in § 233 ZPO bestimmten Fristen fällt.
Das LG hatte in seiner mündlichen Verhandlung auch nicht zu prüfen, ob der unzulässige Wiedereinsetzungsantrag als Verspätungsentschuldigung i.S.v. § 296 Abs. 1 ZPO ausgelegt werden musste, weil es sich bei dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht um ein Verteidigungsmittel handelt.
Nach alledem war lediglich zu prüfen, ob die nach § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO bestimmte Klageerwiderungsfrist deshalb nicht wirksam in Lauf gesetzt worden war, weil der Bekl. bei Zustellung des gerichtlichen Aufforderungsschreibens psychisch erkrankt war. Dem hätte ggf. durch einen Vertagungsantrag oder eine Vertagung von Amts wegen begegnet werden können (§ 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Einen Vertagungsantrag hat die Prozessbevollmächtigte des Bekl. indes nicht gestellt. Was sich ihr und dem persönlich anwesenden Bekl. nicht aufdrängte, musste sich dem Gericht erst recht nicht aufdrängen.
Stattdessen neben dem unzulässigen Wiedereinsetzungsantrag nicht zur Hauptsache zu verhandeln, bedeutete, dass das daraufhin ergangene zweite Versäumnisurteil nicht mit einem Einspruch bekämpft werden konnte (§ 345 ZPO). Im Berufungsverfahren gegen dieses Urt. kann der Bekl. nur noch mit dem Einwand gehört werden, ein Fall der schuldhaften Versäumung habe nicht vorgelegen (§ 514 Abs. 2 S. 1 ZPO). Derartiges zeigt die Berufung nicht auf.
Grds. kann zwar auch eine Erkrankung die Versäumung entschuldigen, was hier aber schon deshalb fern liegt, weil der Bekl. in der mündlichen Verhandlung des LG persönlich anwesend war und nicht zu ersehen und von der Berufung auch nicht aufgezeigt ist, dass er sich zum Sachvortrag des Kl. nicht äußern konnte.
Hinzu kommt, dass der Bekl. zur Entschuldigung nach § 296 Abs. 1 ZPO die Vorlage eines ärztlichen Attestes einer Fachklinik angekündigt hat, ohne dass vom Gericht eine noch weiter greifende Glaubhaftmachung verlangt worden war (§ 296 Abs. 4 ZPO). Bei Vorlage einer substanziellen ärztlichen Bescheinigung hätte das LG daher prüfen müssen, ob eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten war (§ 156 ZPO). Statt der angekündigten Bescheinigung einer Fachklinik wurde dann jedoch mit Schriftsatz vom 3.2.2010 lediglich ein inhaltlich unzureichendes Attest eines Allgemeinmediziners vorgelegt. Die Erklärung, der Bekl. müsse starke Medikamente einnehmen, besagt nicht, dass er sie in Zeiträumen, die hier entscheidungsrelevant sind, auch eingenommen hat. Mangels Mitteilung konkreter Befunderhebungs- und Behandlungsdaten ist auch nicht nachvollziehbar, welche konkreten ärztlichen Erkenntnisse die vage Mutmaßung tragen, der Bekl. sei nicht in der Lage gewesen, Fristen wahrzunehmen.
Das LG hat daher zu Recht davon abgesehen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Das zweite Versäumnisurteil ist nicht zu beanstanden.“
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz