Sind an einem Verkehrsunfall mehrere Kraftfahrzeuge beteiligt, kann die Schadenregulierung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen sehr kompliziert werden. Sind bei einer Kollision drei oder mehr Fahrzeuge beteiligt und bleibt ungeklärt, ob die mittleren aufgefahren sind oder aufgeschoben wurden, ist dann der für ein möglicherweise auffahrenden Kraftfahrer sprechende Anscheinsbeweis bereits erschüttert, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass der mittlere Fahrer dem hinteren durch eigenes Auffahren den Bremsweg verkürzt hat.
Die Aufklärung der Reihenfolge der Kollision ist in tatsächlicher Hinsicht problembehaftet, Zeugenaussagen zum Unfallhergang sind oft unsicher und wenig beweiskräftig. Die Unfallrekonstruktion (beispielsweise aus Vergleich der Fahrzeugbeschädigungen – Intensität und Höhe) gibt manchmal Aufschluss darüber, ob der Schaden am mittleren Kraftfahrzeug vorne und am vorderen Kraftfahrzeug hinten allein durch Aufschieben des mittleren Kfz entstanden sein kann oder dieses auf das vordere Kfz aufgefahren sein muss. Eine Doppelkollision (nochmaliges Aufschieben durch viertes Fahrzeug) macht dann jegliche technischen Aufklärungsmöglichkeiten zunichte.
Nicht nur die tatsächliche Aufklärung eines Unfallgeschehens ist problembehaftet, auch die rechtliche Würdigung unterliegt schwierigen Fragestellungen. Denn steht fest, dass das mittlere Kraftfahrzeug so ruckartig angehalten bzw. abgebremst wurde, dass dies zu einer Bremswegverkürzung des Auffahrenden geführt hat, ist nicht nur ein Anscheinsverschulden nicht mehr gegeben (BGH NJW 87,1075), sondern eine quotenmäßige Verteilung der Haftung ist durchaus in der Praxis zu erwarten. Der schwierige Nachweis der Schadenverursachung durch das jeweils einzelne schädigende Ereignis schließt sich im Rahmen der Problematik an. Hat bereits der eigenverschuldete Frontunfall zu einem wirtschaftlichen Totalschaden geführt, kann der Vordermann von dem Auffahrenden lediglich die durch den anschließenden Heckaufprall verursachte Verminderung des Restwertes ersetzt verlangen (AG Duisburg, Schaden-Praxis 2005, 131).
Aus diesem Grund ist es in der Praxis durchaus ratsam, durch eine außergerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens die Beschädigungen des Fahrzeugs jeweils im Heck- und Frontbereich gesondert feststellen zu lassen. Denn der Ersatz des Frontschadens kann auch nicht mit dem Argument verlangt werden, dass erst im Zusammenspiel von Heck- und Frontschaden ein wirtschaftlicher Totalschaden aufgetreten ist (OLGR Jena 2003, 6).
Der/die beratende Anwalt/Anwältin sollte daher bereits bei Mandatsannahme über die Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufklären und sich zeitnah sämtliche Fotodokumentation über die Beschädigungen aller am Unfall beteiligten Fahrzeugen vorlegen lassen. Auch eine Plausibilitätsprüfung durch einen Rekonstruktionssachverständigen ist bereits im außergerichtlichen Bereich ratsam. Ein solcher Service steht den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft zu einem Vorteilspreis zur Verfügung.