1. Die auf Feststeilung gerichtete Klage, dass der Bekl. dem Geschädigten auch über den Betrag von 1.000,000,00 EUR hinaus bis zu einem Betrag von 2.061.948,63 EUR aus dem Versicherungsvertrag Versicherungsschutz zu gewähren hat, hat keinen Erfolg.
a) Es kann dahinstehen, ob die insoweit von der Kl. erhobene Feststellungsklage als vorweggenommene Deckungsklage zulässig ist.
Außerhalb der Bereiche, in denen eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung besteht und in denen unter bestimmten Voraussetzungen ein Geschädigter gemäß § 115 VVG einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers haben kann, stehen Ansprüche aus dem Deckungsverhältnis gegen den VR nur dem Schädiger (und Haftpflicht-VN) zu. Das Deckungsverhältnis zwischen VR und Schädiger und das Haftpflichtverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger sind streng voneinander zu trennen (vgl. zum Trennungsprinzip Langheid/Rixecker-Langheid, VVG, 7. Auflage 2022, § 100 Rn 32 m.w.N.).
Der Geschädigte kann daher außerhalb des Anwendungsbereichs des § 115 VVG gegen den Haftpflichtversicherer im Regelfall nur vorgehen, wenn er aufgrund eines Titels gegen den Schädiger dessen Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer gepfändet und sich zur Einziehung hat überweisen lassen (vgl. Bruck/Möller-Beckmann, VVG, 10. Auflage 2022, § 115 Rn 19). Als Ausnahme hiervon bejaht die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung die Zulässigkeit einer vorweggenommenen Deckungsklage des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer aufgrund der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung dann, wenn die Gefahr besteht, dass dem Geschädigten der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt wegen Untätigkeit des VN verloren geht (BGH, Urt. v. 15.11.2000 – IV ZR 223/99; BGHZ 214, 314 ff., Rn 24 ff.), oder wenn der VR auf Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert (BGH, Beschl. v. 22.7.2009 – IV ZR 265/06, Rn 2).
Ausgehend von diesen Grundsätzen mag im Streitfall für den Geschädigten die Möglichkeit bestehen, die Bekl. auf Feststellung der Pflicht zur Gewährung von Versicherungsschutz in Anspruch zu nehmen, weil weder der Insolvenzverwalter des Geschädigten noch dieser selbst Ansprüche aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag geltend macht. Damit drohten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag – wenn die Verjährung nicht schon im Jahre 2017 zu laufen begann und die Verjährung damit im Streitfall bei Klageerhebung bereits eingetreten war – alsbald zu verjähren und damit als Befriedigungsobjekt verloren zu gehen. Ob es so ist und dann der Anspruch auf die Kl. übergegangen ist, bedarf aber keiner Entscheidung. Die Feststellungsklage ist nämlich jedenfalls unbegründet.
b) Denn aus dem Versicherungsvertrag haftet der Bekl. nur bis zu der vertraglich vereinbarten Deckungssumme von 1.000.000,00 EUR, so dass die ausdrücklich auf die darüber hinausgehende Feststellung der Einstandspflicht des Bekl. jedenfalls unbegründet ist. Das LG hat festgestellt, dass der Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen dem Bekl. und dem Schädiger für Personen- und Sachschäden eine Deckungsgrenze von 1.000.000,00 EUR vorsieht. Diese Feststellung greift die Kl. mit der Berufungsbegründung nicht hinreichend an …
Es ist einer Partei grundsätzlich zwar nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Sie darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen insbesondere dann als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von entscheidungserheblichen Einzeltatsachen hat. Eine Behauptung ist aber dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt worden ist (BGH, VersR 2022, 1050 ff., Rn 18).
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Kl. zu einer über den Betrag von 1.000.000,00 EUR hinausgehenden Deckung nicht. Sie führt lediglich aus, dass sich aus dem Vertrag zwischen dem Bekl. und dem Schädiger eine Deckungssumme auch jenseits des Betrages von 1.000.000,00 EUR ergebe und dies durch die von der Kl. beantragte Vorlage der vollständigen Vertragsunterlagen belegt werde. Diese Behauptung widerspricht dem qualifizierten Vortrag des Bekl., der als Beleg für die Haftungsgrenze von 1.000.000,00 EUR den entsprechenden Auszug des für den Schadenszeitpunkt geltenden Nachtrags zum Versicherungsschein vorgelegt hat, der genau diese Deckungssumme ausweist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, worauf die Kl. die Annahme einer höheren Deckungssumme stützt, teilt sie in ihrer Berufungsbegründung nicht mit.
Deshalb ist auch auf die als Berufungsantrag formulierten Beweisanträge der Kl. nicht die Vorlage der im Antrag zu 2)...