IfSG § 6 § 7; AVB Betriebsschließungsversicherung Ziff. 1.2
Leitsatz
Verspricht der Versicherer in der Betriebsschließungsversicherung Deckungsschutz für die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger und folgt darauf eine Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger, in der die Begriffe Corona, COVID 19 oder Sars-Cov2 nicht genannt sind, besteht kein Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie.
LG Oldenburg, Urt. v. 14.10.2020 – 13 O 2068/20
Sachverhalt
Der Kl. begehrt mit der Klage Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung.
Er ist Inhaber eines Restaurants mit Außerhausverkauf und Partyservice. Seit dem 1.1.2017 unterhält er bei der Bekl. eine Versicherung für die Betriebsschließung infolge einer Seuchengefahr. Der Versicherungsschein v. 4.11.2019 sieht eine Haftzeit von höchstens 60 Tagen, eine Tagesentschädigung für Betriebsschließungsschäden i.H.v. höchstens 3.000 EUR mit einem Selbstbehalt je Versicherungsfall i.H.v. 2 Arbeitstagen sowie eine Entschädigung für den Warenschaden i.H.v. höchstens 30.000 EUR je Versicherungsfall mit einer Selbstbeteiligung 500 EUR vor. In den AVB ist unter Ziff. 1.2 "Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger" Folgendes geregelt:
"Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: (…)".
Daran schließt sich eine Auflistung von namentlich genannten Krankheiten (lit. a) sowie Krankheitserregern (lit. b) an.
Am 21.3.2020 erging eine Allgemeinverfügung des Landkreises, nach der Restaurants, Speisegaststätten u.dgl. für den Publikumsverkehr zu schließen waren.
2 Aus den Gründen:
"… Die zulässige Klage ist unbegründet."
1. Der Kl. hat gegen die Bekl. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Leistungen aus der bestehenden Betriebsschließungsversicherung wegen eines Betriebsschließungs- oder Warenschadens, der ihm durch die auf der Corona-Pandemie beruhenden Schließung seines Betriebes entstanden ist. Ein solcher Anspruch folgt weder aus Ziff. 1.1. i.V.m. Ziff. 2.1 (Betriebsschließungsschaden) noch aus Ziff. 1.1. i.V.m. Ziff. 7 (Warenschaden) der AVB.
Dem Anspruch steht allerdings nicht entgegen, dass die Schließung des Restaurants zunächst durch Allgemeinverfügung des Landkreises und im Anschluss durch Rechtsverordnung des Landes angeordnet worden ist. Entgegen der Ansicht der Bekl. scheitert ein Anspruch nicht daran, dass die Schließung nicht auf einer einzelfall- und betriebsbezogenen Schließungsverfügung beruht. Da Ziff. 1.1 AVB ohne nähere Ausgestaltung verlangt, dass die (zuständige) Behörde (…) den Betrieb schließt, und da die Versicherungsbedingungen keine verwaltungsrechtlichen Rechtsbegriffe verwenden, ist nach den Bedingungen allein entscheidend, dass die Schließung – wie hier – für den Kl. verpflichtend angeordnet worden ist. Ob die Anordnung der Schließung nach öffentlichrechtlichen Vorschriften rechtmäßig war und ob sie einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung standhalten würde, ist nicht entscheidend (…).
Es fehlt vorliegend aber deshalb an einem Versicherungsfall, weil die durch das Coronavirus ausgelöste Krankheit bzw. das Corona-Virus nicht zu den meldepflichtigen Krankheiten und Erregern im Sinne der Bedingungen zählt.
Ob die COVID-19-Erkrankung oder das Corona-Virus (Sars-Cov2) eine Krankheit oder einen Erreger im Sinne der Bedingungen darstellt, ist anhand von Ziff. 1.2 AVB zu beurteilen. Danach sind meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen “die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: (…)'. Das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannte Corona-Virus wird in Ziff. 1.2 AVB weder unter lit. a) noch unter lit. b) der auf die Definition folgenden ausführlichen Auflistung genannt. Diese Auflistung ist abschließend.
Ein durchschnittlicher VN, auf dessen Auslegung es maßgeblich ankommt, wird bei verständiger Würdigung schon angesichts der Verwendung des Wortes “folgende' in Ziff. 1.2 AVB nur davon ausgehen, dass allein die in den Bedingungen im Einzelnen namentlich aufgezählten Krankheiten und Erreger vom Versicherungsschutz erfasst sein sollen (so auch Lüttringhaus, r+s 2020, 250 (254)). Für eine abschließende Auflistung spricht zudem, dass in Ziff. 1.2 AVB keine Öffnungsklausel etwa in Form der Verwendung des Wortes “insbesondere', “u.a,' oder “beispielsweise' enthalten ist (Günther, Anm. zum Beschl. des OLG Hamm v. 15.7.2020 (20 W 21/20), FD-VersR2020, 431078). Gerade aufgrund der konkreten Formulierung kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass das Wort “namentlich' in Ziff. 1.2 AVB als Synonym für das Wort “insbesondere' verwendet wurde. Denn sie steht an einer Stelle, an der auf die §§ des IfSchG verwiesen wird, und bezieht sich eindeutig nicht auf den Teil des Satzes, der die “folgende' Auflistung betrifft.
Auch der Umstand, das...