Die Entscheidung beinhaltet eine ganze Reihe von wichtigen Aspekten für das Akteneinsichtsrecht und mögliche Rechtsbehelfe des Betroffenen, auch wenn das LG in seiner Beschwerdeentscheidung mglw. zu abweichender Einschätzung gekommen ist.

Zunächst ist die Problematik der zulässigen Beschwerde in den Blick zu nehmen. Das LG Hagen hatte leider in der Vergangenheit eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG für zulässig und begründet erachtet, obwohl Rechtsmittel kraft Gesetzes nicht gegeben sind (vgl. zfs 2021, 293). Das AG bezieht sich hier aber auf eine spätere Entscheidung (zfs 2021, 711). Auch dort wirkt es, als ob das LG Hagen hier eine Beschwerde contra legem für zulässig erachtet hätte, aber die Fallkonstellation lag anders: Der Verteidiger hatte sich überhaupt erst nach der Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht bestellt und Anträge gestellt. Kommt das AG diesen dann nicht nach und handelt es sich ausschließlich um Akteneinsichtsanträge, besteht eine Beschwerdemöglichkeit des Betroffenen, die durch § 305 StPO gerade nicht gesperrt ist (vgl. BVerfG NZV 2021, 41; dazu LG Baden-Baden zfs 2018, 711; LG Köln BeckRS 2019, 26465). Dies gilt auch dann, wenn das Gericht die Ablehnung nur verfügt anstelle einen Beschluss zu erlassen (LG Hanau BeckRS 2019, 6688). Wenn sich also das Verfahren bereits im Stadium vor dem Amtsgericht befindet, ist die Beschwerde mithin der richtige Rechtsbehelf. Ansonsten wäre die Beschwerde unzulässig.

Sodann werden die Prüfungskriterien für den Akteneinsichtsanspruch (und ggf. das anschließende Verfahren nach § 62 OWiG) prägnant anhand der Vorgaben des BVerfG geprüft.

Sind Daten und Unterlagen bereits Bestandteil der Akte, so besteht kein Rechtsschutzbedürfnis auf Herausgabe oder gerichtliche Entscheidung. Der Anspruch auf Einsicht in Wartungsunterlagen nach der letzten Eichung besteht aber dem Grunde nach ohne Zweifel (VerfGH Koblenz NZV 2022, 43).

Sind Daten und Unterlagen nicht bei der Behörde (nicht bei Gericht, darauf kommt es nicht an, sondern um die Informationsparität zur Behörde, so das BVerfG!) vorhanden, besteht jedenfalls kein Anspruch auf Herausgabe und keine Beiziehungspflicht des Gerichts. Der Betroffene muss sich ggf. auf anderen Wegen um Daten und Unterlagen bemühen, etwa auf dem Verwaltungsrechtsweg oder schlicht gegen Gebühr beim entsprechenden Anbieter, da er die erweiterte Akteneinsicht auf eigenes Kostenrisiko betreibt (KG NZV 2021, 379). Warum der Betroffene also von der Behörde (so das LG) die Auswertesoftware oder deren Gebrauchsanweisung zur Verfügung gestellt bekommen sollte, erschließt sich mir nicht.

Der Betroffene muss ausweislich der Rechtsprechung des BVerfG einen Zusammenhang des Gewünschten zur konkreten Messung sowie eine aus seiner Sicht gegebene Relevanz darlegen. Tut er dies nicht, so kann das Gericht – wie hier – den Anspruch ablehnen.

Bei vorhandener Eichung ist ein Erkenntnisgewinn aus der Baumusterprüfbescheinigung sowie aus der Verwendungsanzeige nach § 32 MessEG nicht ersichtlich. Insbesondere kann ein Verstoß gegen § 32 MessEG zwar für eine Geldbuße sorgen, § 60 Abs. 1 Nr. 18 MessEG, aber nicht die Messung beeinflussen. Das LG spricht zwar die Übermittlung der Baumusterprüfbescheinigung zu, verhält sich aber nicht zur Relevanz. Das ist wenig überzeugend, gerade wenn aus eben diesem, Grund die Verwendungsanzeige nicht für herausgabepflichtig erachtet wird.

Auch die immer wieder geforderten Schulungsnachweise für die die Auswertung vornehmenden Personen sind nicht erforderlich. Die Messdatei kann von jeder Person unter Zuhilfenahme der dafür verfügbaren Software ausgewertet werden, damit auch vom Gericht und vom Betroffenen selbst, sodass dieser unabhängig von einer Schulung des Auswertepersonals die Messung selbst überprüfen und mögliche Fehler aufzeigen kann. Ein anderer, hier aber nicht relevanter Aspekt wäre die Auslagerung solcher Vorgänge an Private. Auch dann müsste es jedoch nicht um die Schulung des Auswerters, sondern um die hinreichende Kontrolle der Behörde i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG gehen.

Hinsichtlich der Bedienungsanleitung für den Trailer stimme ich zwar inhaltlich mit dem AG überein (keine Relevanz des Gehäuses für die Messung wurde jemals dargelegt). Jedoch ist die Herausgabepflicht gerade der Traileranleitung bereits obergerichtlich entschieden worden (OLG Koblenz zfs 2020, 412; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.1.2021 – 1 OWi 2 SsBs 98/20). Hieran hat sich dann auch das LG gehalten.

Auch andere "Nebelkerzen" wie ein Erstinbetriebnahmeprotokoll, das allenfalls für stationäre Anlagen von Relevanz sein kann, eine mögliche Bewegung des Trailers oder die fehlende Angabe zur Aufstellhöhe werden mit zutreffenden Gründen als schon theoretisch nicht relevant für die Messung detektiert. Warum das LG hier eine andere Ansicht hat, wird leider nicht erklärt. Das AG schließt sich zudem der Ansicht der OLG Zweibrücken und Koblenz an, wonach die gesamte Messreihe nicht herauszugeben ist (zur a.A. vgl. u.a. OLG Stuttgart zf...

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