In der Berufung steht außer Frage, dass die Bekl. nach den Versicherungsbedingungen nicht zur Erstattung der noch streitgegenständlichen Behandlungskosten verpflichtet ist. Hierfür ist die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen im Sinne des § 1 Abs. 2 RB/KK 2009 maßgeblich. Die Feststellungen, die das LG hierzu aufgrund der eingeholten Gutachten getroffen hat, lassen keine Fehler oder Unvollständigkeiten erkennen, sind von keiner Seite angegriffen und daher nach § 529 Abs. 1 ZPO vom Senat zugrunde zu legen.
Zu Recht hat das LG aber erkannt, dass die Bekl. nach Treu und Glauben zum Ersatz der bis zum 23.3.2015 angefallenen Behandlungskosten verpflichtet ist, Insoweit gilt im Ausgangspunkt, dass die Frage der Leistungspflicht für jede medizinische Behandlung dem Grunde und der Höhe nach neu zu prüfen ist und eine frühere Kostenerstattung grundsätzlich keine Bindungswirkung entfaltet (1.). Gleichwohl kommt ausnahmsweise eine Vertrauenshaftung des VR in Betracht. Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalles (2.). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen erfüllt (3.).
1. Im Ausgangspunkt ist der VR bei einem Kranken- und Pflegeversicherungsvertrag berechtigt, die Frage der Leistungspflicht für jede medizinische Behandlung dem Grunde und der Höhe nach neu zu prüfen, und zwar auch dann, wenn sich der Krankheitszustand des VN dem Anschein nach wiederholt. Eine frühere Kostenerstattung für gleichartige Behandlungen entfaltet grundsätzlich keine Bindungswirkung im Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit (OLG Köln, Urt. vom 23.12.2014 – 1-20 U 7/14, juris Rn 11). Einer solchen Bindung steht die vertragliche Risikoverteilung entgegen. Bei der privaten Krankenversicherung handelt es sich um eine Passivenversicherung, bei der die Unsicherheit über den Versicherungsschutz in die Risikosphäre des VN fällt (Gramse, in: BeckOK-VVG, Stand. 1.11.2022, § 192 Rn 54).
Die Versicherungsbedingungen sehen auch kein besonderes Verfahren für die Leistungsprüfung und -anerkennung vor, das ein besonderes Vertrauen in die Kontinuität der Versicherungsleistungen begründen könnte. Der VN kann zwar einerseits davon ausgehen, dass der VR Leistungsanträge im eigenen Interesse prüft und Ansprüche zurückweist, soweit sie aus seiner Sicht unbegründet sind; er muss aber andererseits auch damit rechnen, dass der VR im Massengeschäft unter Umständen aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten auf eine Einzelfallprüfung verzichtet. Angesichts dessen kann der VN einer Kostenerstattung nicht entnehmen, in welchem Umfang und welcher Intensität der VR den Anspruch geprüft hat. Der Leistung des VR kommt nur ausnahmsweise der Charakter eines Anerkenntnisses zu (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.10.2012 – 3 U 278/11, juris Rn 9–12), und der VN kann grundsätzlich auch nicht darauf vertrauen, dass künftige Prüfungen mit demselben Ergebnis enden werden (…).
Hinzu kommt, dass sich die Einschätzung im Zeitverlauf ändern kann: Eine Behandlung kann zu Beginn einer Krankheit für notwendig erachtet werden, im weiteren Verlauf aber nicht mehr – etwa, wenn sich die Krankheit verändert oder sich die Behandlung im konkreten Fall als unwirksam erweist (vgl. OLG Köln, Urt. vom 11.2.1998 – 5 U 139/97, juris Rn 12) –, und umgekehrt. Anders als etwa bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (§§ 8, 9 AVB-BU) wird dieses Risiko bei der Krankenversicherung nicht dadurch ausgeglichen, dass der VR eine Erklärung über die Anerkennung der Leistungspflicht abzugeben hat, von der er sich nicht ohne Weiteres wieder lösen kann.
Stattdessen wird der Risikobelastung des VN in der Krankenversicherung dadurch begegnet, dass ihm Auskunfts- und Feststellungsansprüche zugestanden werden (Gramse, in: BeckOK-VVG, Stand. 1.11.2022, § 192 Rn 54; Sauer, in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 6. Aufl., § 6 MB/KK Rn 5 f.; Voit, in: Prölss/Martin, VVG. 31. Aufl., § 192 VVG Rn 77a f.). Selbst wenn der VR Auskünfte erteilt – was hier nicht der Fall war –, ist deren Bindungswirkung begrenzt (vgl. zur umstrittenen Rechtslage zu § 192 Abs. 8 VVG Voit, in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 192 Rn 77g; Gramse, in: BeckOK-VVG, Stand. 1.11.2022, § 192 Rn 203 …). Auch in dem – hier nicht einschlägigen – Sonderfall der Kostenerstattung für Aufenthalte in gemischten Anstalten, die nach § 4 Abs. 5 MB/KK eine vorherige Zusage des VR voraussetzt, erwächst dem VN aus einer früheren Zusage grundsätzlich kein Anspruch darauf, dass der VR auch für weitere gleichartige Behandlungen einsteht (OLG Frankfurt Urt. v. 28.6.2006 – 7 U 9/05, juris Rn 8; OLG Nürnberg, Urt. v. 23.2.1995 – 8 U 2536/94, juris Rn 9–11 …).
Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Vertrauensschutz nach § 242 BGB nur in der Funktion als Abwehrrecht allgemein anerkannt ist (Sutschet, in: BeckOK-BGB, Stand: 1.8.2022, § 242 Rn 52 f.: "Schild, nicht Schwert").
2. Trotz alledem ist eine solche anspruchsbegründende Wirkung des § 242 BGB aber nicht kategorisch ausgeschlossen, zumal die Grenzen zwischen rechtsversagender und rechtsbegründender F...