1. Auf Grundlage des Klagevorbringens kann die ASt keine Rentenzahlungen wegen Schulunfähigkeit ihres Sohnes für weitere vergangene oder künftige Zeiträume beanspruchen. Ungeachtet ihrer fehlenden Sachbefugnis hat das LG richtig erkannt, dass eine von ihm im Grundsatz für möglich gehaltene Leistungspflicht der AG aus diesem Versicherungsfall hier bedingungsgemäß frühestens am 1.9.2016 begonnen haben könnte und spätestens mit Ablauf des Monats Juli 2019 geendet hätte, mithin über den – unter Berücksichtigung der "kulanzhalber" erbrachten Leistungen … hinaus keine weitergehende Leistungspflicht aus diesem möglichen Versicherungsfall in Betracht kommt.

a) Nach den vertraglichen Vereinbarungen, die sich aus dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen der AG … schuldet die AG die mit der Klage begehrten Leistungen bei Eintritt eines Versicherungsfalles, hier: wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer "zu mindestens 50 Prozent schulunfähig bzw. erwerbsunfähig wird" (§ 1 Abs. 1 AVB/TB). Der Vertrag gewährt damit Versicherungsschutz für zwei selbstständige, an unterschiedliche – insbes. persönliche – Voraussetzungen geknüpfte Versicherungsfälle ("Schulunfähigkeit", § 2 AVB, und "Erwerbsunfähigkeit", § 3 AVB). Vor Eintritt von Schulunfähigkeit muss der Versicherte bedingungsgemäß Schüler oder Student sein (Gramse, in: Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht 3. Aufl., § 2 BUV 2008 Rn 96); ist er das nicht mehr, so ist er von diesem Zeitpunkt an bis zum Endalter der Vertragslaufzeit gegen Erwerbsunfähigkeit – bzw., bei Inanspruchnahme des Umstellungsrechts nach § 3 Abs. 8 AVB, gegen Berufsunfähigkeit – versichert (§ 3 Abs. 1 AVB). Vollständige Schulunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, weiterhin als Schüler oder Student an einem regulären Schulunterricht oder an einem regulären Studium teilzunehmen (§ 2 Abs. 1 AVB). Teilweise Schulunfähigkeit liegt vor, wenn diese Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad erfüllt sind (§ 2 Abs. 2 AVB). Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, weiterhin als Schüler oder Student an einem regulären Schulunterricht oder an einem regulären Studium teilzunehmen, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige oder teilweise Schulunfähigkeit (§ 2 Abs. 3 AVB).

b) Soweit das LG diese Voraussetzungen dem Klagevortrag entsprechend ab August 2016 für denkbar erachtet, gleichwohl jedoch für diesen Monat noch keine Leistungspflicht der AG in Betracht gezogen und die Klage erst ab dem Folgemonat für aussichtsreich erachtet hat, ist das nach der Vertragslage nicht zu beanstanden. Ausgehend von der Darstellung der ASt, die die Voraussetzungen einer Schulunfähigkeit in der Person ihres versicherten Sohnes ab August 2016 behauptet hat, wäre die AG nämlich – ihre Eintrittspflicht im Übrigen unterstellt – frühestens ab dem 1.9.2016 zur Gewährung der versprochenen Leistungen gehalten gewesen. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 3 AVB/TB, der bestimmt, dass der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente (…) frühestens mit Ablauf des Monats (entsteht), in dem die Schulunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Von der Antragstellerin geltend gemachte Leistungen wegen des Versicherungsfalles "Schulunfähigkeit" auch schon für August 2016 als dem Zeitpunkt, zu dem dieser Versicherungsfall nach ihrer Behauptung (erst) eingetreten sein soll, scheiden danach, den zutreffenden Ausführungen des LG folgend, aus.

c) Gleichfalls zu Recht hat das LG unter korrekter Auslegung der Versicherungsbedingungen angenommen, dass die AG aus dem angenommenen Versicherungsfall "Schulunfähigkeit" jedenfalls nicht über den Monat Juli 2019 hinaus zur Gewährung von Leistungen verpflichtet war bzw. weiterhin ist. Das folgt aus § 1 Abs. 5 AVB/TB, der die Dauer des Bezuges von Leistungen wegen Schulunfähigkeit regelt und hierfür an den voraussichtlichen weiteren Verlauf des versicherten Ausbildungsabschnittes anknüpft: Sofern keine Erwerbsunfähigkeit besteht, die ihrerseits eine Leistungspflicht erst dann auslöst, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer zu mindestens 50 Prozent erwerbsunfähig wird (§ 1 Abs. 1 AVB/TB), enden die Leistungen auch bei fortbestehender Schulunfähigkeit spätestens mit dem planmäßigen Ablauf der begonnenen Schulausbildung bzw. des begonnenen Studiums, bei Studenten spätestens drei Jahre nach Ablauf der Regelstudienzeit.

Maßgebend für die maximale Dauer von Leistungen wegen Schulunfähigkeit ist dabei der Schul- bzw. Studienzweig, den der Versicherte bei Eintritt seiner Schulunfähigkeit absolviert. Für den durchschnittlichen VN (bzw. Versicherten) ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis, auf dessen Verständnis es für die Auslegung von ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge