Der Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Deckungsschutz aus der Betriebshaftpflichtversicherung vom 15.9.2005 zu. Der Versicherungsfall ist während der Vertragslaufzeit (jedenfalls bis 1.6.2011) Ende des Jahres 2010 eingetreten, auf ihn sind die seit 1.6.2008 geltenden AHB (H61/00) anzuwenden (1). Der Anspruch ist jedoch verjährt (2).

1. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen ist der Versicherungsfall mit dem Schadensereignis eingetreten. Dabei kommt es nicht darauf an, wann sich erstmals Mängel an der von der Kl. erbrachten Abdichtungsarbeiten am Parkhaus xxx gezeigt haben. Entscheidend ist vielmehr, dass die Schadensentwicklung zum Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme noch fortbestand.

AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (…).

Der durchschnittliche VN wird den Versicherungsbedingungen entnehmen können, dass es auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses ankommt. Auf den Zeitpunkt der Schadensverursachung und damit der Durchführung der Arbeiten kommt es nach dem Wortlaut der Bedingungen ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Kl. Der Schadenseintritt ist im vorliegenden Fall das Entstehen von Feuchtigkeitsschäden, die sich in Farb- und Betonabplatzungen und Feuchtigkeitserscheinungen manifestieren. Bei Schäden, die – wie hier – durch eine fortdauernde Schädigung eintreten, ist aber nicht das erstmalige Eindringen von Wasser maßgeblich, denn dieser Zeitpunkt ist im Nachhinein, insbesondere bei Feuchtigkeitsschäden durch Wassereintrag, kaum festzustellen.

Der durchschnittliche VN kann den Versicherungsbedingungen auch nicht entnehmen, dass es auf den ersten Schädigungszeitpunkt ankommen soll, auch wenn zu diesem Zeitpunkt der Schaden nicht erkennbar ist. Eine solche zeitliche Einengung des Versicherungsschutzes lässt sich den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen. Bei einer fortgesetzten Schädigung ist das Schadenereignis nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt beschränkt, sondern umfasst einen längeren Zeitraum. Bei fortdauernder Schädigung kann der VN daher berechtigterweise darauf vertrauen, dass ein Schadenseintritt im Sinne der Versicherungsbedingungen solange vorliegt, wie die Schädigung fortdauert (vgl. BGH zum Leitungswasserschaden, Urt. v. 12.7.2017 – IV ZR 151/15, 30ff). Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, in dem eine – unterstellt mangelhafte Abdichtung und ein mangelhaftes Gefälle – bei Eindringen von Regenwasser und Schmelzwasser zu ständig neuen Schädigungen und zu Vertiefung des Schadens geführt hat. Das Geschehen erstreckt sich, insbesondere bei Feuchtigkeitsschäden, über einen längeren Zeitraum, bei dem sich der Schaden mit zunehmender Dauer infolge ständig neuen Wassereintrages vergrößert (…). Vor seiner Inanspruchnahme wird der VN hiervon jedoch regelmäßig keine Kenntnis erhalten und daher keine Veranlassung haben, an die Versicherung heranzutreten.

Auch dies rechtfertigt es, bei einem sich immer weiter fortsetzenden Schaden für die Frage, wann ein Schadensereignis vorliegt und welches intertemporale Recht anwendbar ist, auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch einen Dritten abzustellen.

2. Der Anspruch der Kl. ist jedoch verjährt. Die Kl. ist durch die Streitverkündung vom 28.2.2011 im selbstständigen Beweisverfahren vor dem LG M. ernsthaft in Anspruch genommen worden. Die Verjährungsfrist begann am 1.1.2012 zu laufen und endete am 31.12.2014. Im Zeitpunkt der Schadensmeldung der Kl. im Jahr 2015 war Verjährung bereits eingetreten.

Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB, wenn der Anspruch entstanden, also wenn er fällig ist. Daher ist bei der Haftpflichtversicherung für den Beginn der Verjährungsfrist maßgeblich, wann der VN ernsthaft in Anspruch genommen wird und nicht, wann der Verstoß bei Ausübung der Versichertentätigkeit begangen wurde; denn vor der Inanspruchnahme kann ein Haftpflichtanspruch vom VR nicht abgewehrt werden (vgl. hierzu KG Berlin, Beschl. v. 9.8.2016 – 6 U 166/15).

Der Eintritt des Versicherungsfalles (hier: Schadensereignis) begründet nicht automatisch einen Deckungsanspruch. Vielmehr ist hierfür zusätzlich Voraussetzung, dass ein Dritter einen Haftpflichtanspruch gegen den Versicherten (ernstlich) geltend macht (OLG Celle, BeckRS, 118598). Die Leistung in der Haftpflichtversicherung ist gemäß § 100 VVG die Prüfung der geltend gemachten Ansprüche mit anschließender Abwehr unbegründeter Ansprüche bzw. Freistellung von versicherten Ansprüchen. Dieser Rechtsschutz- und Abwehranspruch entsteht erst mit der Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen des Versicherungsfalles durch den Dritten (vgl. von Rintelen in Späte/Schimikowski in Haftpflichtversicherung, 2. Aufl. 2015, AHB 1 Rn 26).

Für eine ernsthafte Inanspruchnahme des VN genügt jede Erklärung, durch die ernsthaft eine Leistung gefordert wird (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2004 – IV ZR 115/03). Allein daran bemisst sich, o...

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