Urlaubszeit = Reisezeit = Verkehrsunfallzeit. Für jeden ist es sicherlich ein Alptraum, mit einem Verkehrsunfall in die schönste Zeit des Jahres zu starten oder diese mit einem solchen zu beenden, denn schnell ist neben dem entstandenen materiellen Schaden auch die verdiente Urlaubserholung dahin. Als Reiseweltmeister kann man solch ein Unbill dennoch nicht vermeiden und schon gar nicht einen Verkehrsunfall "mit Auslandsbezug". Damit sind weniger Unfallgeschehen von Deutschen in Deutschland mit im Ausland zugelassenen anderen Kfz gemeint, sondern Unfälle von Deutschen mit Deutschen im Ausland. Und die Steigerung ist sicherlich der Unfall von Deutschen mit Ausländern in einem Staat, dem keiner der Beteiligten angehört. Was passiert bei Unfällen mit EU-Ausländern oder Nicht-EU-Ausländern? Wie sind Unfälle mit mehreren Personen, die sowohl Täter als auch Opfer sein können, etwa bei Massenkarambolagen zu behandeln, ebenso bei Unfällen mit Reisebussen, deren Insassen vielleicht verschiedenen Nationalitäten angehören? Und genießt ein 8-jähriger deutscher Junge in Italien bei einer klassischen Überforderungssituation den gleichen Schutz wie nach deutschem Recht? Welches Recht gilt bei Mitverschulden, etwa wenn kein Fahrradhelm getragen wurde?
Andreas Krämer
Nicht nur Unfallgeschädigte selbst haben Sorge vor dem Unbekannten und davor, dass sie nicht ausreichend den Schaden ersetzt bekommen, sondern auch die später mit diesen Unfällen eventuell beschäftigten Verkehrsanwälte oder Gerichte fassen derartige Unfälle "mit spitzen Fingern" an.
Die rechtliche Gewährung optimaler Schadenersatzansprüche (und deren Durchsetzung) ist gelebter Verbraucher- und Opferschutz. Zwischenstaatliche Verträge, wie das Lugano-Übereinkommen (LügU), das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht (HStrÜ) oder EU-Verordnungen wie Brüssel I-VO oder Rom II-VO sollen einem Geschädigten die Möglichkeit geben, auf möglichst leichte Art und Weise den ihm entstandenen Schaden zu kompensieren.
Dabei muss allerdings für einen Geschädigten auch klar sein, dass das auf ihn anzuwendende Recht nicht immer das deutsche ist – auch wenn er vor einem deutschen Gericht klagen und verhandeln kann. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 13.12.2007 Rs. C-463/06 kann das Unfallopfer im Rahmen der Brüssel I-VO sogar grundsätzlich den ausländischen Haftpflichtversicherer vor dem deutschen Gerichtssitz des Unfallopfers verklagen. In jedem Fall bleibt einem Geschädigten der nicht abdingbare Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers. Verklagt aber das Opfer diesen vor seinem vertrauten Wohnortgericht, so heißt das noch nicht wie bei einem Tatortgerichtsstand, dass er dort auch den Schädiger verklagen kann.
Neben diesem Tatortgerichtsstand ist ein weiterer Gerichtsstand, nämlich der des Erfolgsortes, gegeben. Dies ist derjenige, wo der unmittelbare Schaden eintritt, etwa bei einer Körperverletzung dort, wo die schädigenden Auswirkungen zu Lasten des Geschädigten eintreten.
Der Geschädigte sieht sich folglich in der Lage, das für ihn günstigste Recht zu bestimmen. Vor allem im Bereich der Schmerzensgeldhöhe kann es für ihn durchaus attraktiv sein, nicht in Deutschland zu klagen. Andererseits bekommt er nicht nach jeder nationalen Rechtsordnung eine Nutzungsausfallentschädigung oder die Bezahlung seines Anwaltes ersetzt.
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Erwägungsgrund Nr. 33 zur Rom II-VO, nach dem bei der Schadenersatzhöhe für Personenschäden das damit befasste Gericht in den Fällen, in denen sich der Unfall in einem anderen Staat als dem des gewöhnlichen Aufenthaltes des Opfers ereignet hat, alle relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers zu berücksichtigen sind. Diese Erwägung ist jedoch kein Freibrief dafür, dass in jedem Fall bei der Regulierung von Personenschäden das Recht desjenigen Staates, dem das Opfer angehört oder wo dessen gewöhnlicher Aufenthalt ist, anzuwenden wäre.
Trotzdem liegt in dieser lediglich als Erwägungsgrund dargelegten "Soll-Vorschrift" ein nicht zu unterschätzender Ansatz für einen gerechten Interessenausgleich bei ungleichen Lebens- und Rechtsbedingungen innerhalb der einzelnen Staaten. Selbstverständlich soll der Rumäne bei einem Unfall in Deutschland ein nach deutschem und nicht nach rumänischem Recht zu bemessendes Schmerzensgeld erhalten. Alles andere wäre auch ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Aber der bulgarische Richter kann umgekehrt bei der Bemessung der eigentlich nach bulgarischem Recht zuzuerkennenden Schadenersatzansprüche durchaus berücksichtigen, dass der Geschädigte davon beispielsweise in Deutschland leben und dort den Schaden kompensieren muss.
Auslandsunfälle sind kein größeres Schicksal als solche im Inland. Vielfach hat der Geschädigte sogar eine breitere rechtliche Basis und kann sich im günstigsten Fall das für ihn optimale Recht heraussuchen. Von der Angst, im Ausland einen Unfall zu haben, braucht sich a...