Gefälligkeitsfahrten sind nicht nur Fahrten, die ein Fahrer ohne rechtliche Bindung aus reiner kameradschaftlicher Verbundenheit unternimmt, sondern auch solche, die aufgrund eines ausdrücklichen Auftrags unentgeltlich durchgeführt werden. Unterschieden werden somit die Fälle mit Rechtsbindungswillen von denen ohne einen solchen Willen. Wie bei den sonstigen Gefälligkeiten des täglichen Lebens auch ist diese Unterscheidung nur insoweit von Bedeutung, als sich in den Fällen mit Rechtsbindungswillen Schadensersatzansprüche nicht nur aus dem Delikt, sondern auch aus dem Vertrag ergeben können. In beiden Fällen ist es jedoch möglich, dass eine Haftung des Schädigers stillschweigend abbedungen sein kann, wenn die genannten Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Ein durchaus typischer Fall eines stillschweigenden Haftungsausschlusses im Rahmen einer Gefälligkeitsfahrt ist folgender: Der Eigentümer und Halter eines Fahrzeugs begibt sich mit einer Bekannten zu einer Abendveranstaltung. Dort konsumiert er Alkohol, woraufhin er sich nicht mehr fahrtüchtig fühlt. Aus diesem Grund bittet er seine Bekannte, ihn und weitere Personen, denen er von Anfang an die Mitnahme versprochen hatte, mit seinem Fahrzeug nach Hause zu fahren. Seine Bekannte, die – was der Fahrzeugeigentümer weiß – zu diesem Zeitpunkt erst seit drei Monaten die Fahrerlaubnis besitzt, kommt dieser Bitte nach und verursacht auf dem Heimweg fahrlässig einen Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug beschädigt und dessen Eigentümer verletzt wird. In einem solchen Fall ist von einem stillschweigenden Haftungsausschluss zwischen dem Fahrzeugeigentümer und seiner Bekannten auszugehen. Der Eigentümer und Halter des Fahrzeugs hat ein besonderes Interesse daran gehabt, nicht mehr fahren zu müssen. Er hat sich alkoholbedingt nicht mehr fahrtüchtig gefühlt und war zudem für die Rückfahrt weiterer Personen verantwortlich. Für seine Bekannte dagegen hat bereits aufgrund ihrer geringen Fahrpraxis und der Fahrt mit einem ihr nicht vertrauten Fahrzeug ein erhöhtes Haftungsrisiko vorgelegen. Es wäre daher treuwidrig, sie als Gefällige für Folgen eines leicht fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls haften zu lassen, soweit diese nicht durch die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gedeckt sind. An dieser Stelle muss eingefügt werden, dass ein stillschweigender Haftungsausschluss in Fällen dieser Art unter der Geltung der früheren AKB eine noch größere Bedeutung gehabt hat. § 11 Nr. 3 AKB (sehr) a.F. schloss die Ansprüche des mitfahrenden Halters gegen die (eigene) Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auch wegen Personenschäden aus. Diesen Ausschluss gibt es heute nicht mehr. Gleichwohl ist ein stillschweigender Haftungsausschluss bei Gefälligkeitsfahrten mit Blick auf Sachschäden noch immer von Bedeutung.
Es gibt zudem noch Fälle, in denen stillschweigenden Haftungsausschlüssen eine erhebliche Bedeutung im Zusammenhang mit Personenschäden zukommen kann. Zu denken ist in erster Linie an Unfälle im Ausland mit nicht oder nur unzureichend versicherten Fahrzeugen. Mietet beispielsweise eine deutsche Reisegruppe im Ausland ein Fahrzeug an und verursacht ein Mitreisender, der auch im Interesse der übrigen Mitreisenden das Steuer des Mietwagens übernommen hat, einen Verkehrsunfall, kann ein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben sein. Dies gilt vor allem dann, wenn für das Fahrzeug keine oder eine in ihrem Umfang völlig unzureichende Haftpflichtversicherung besteht. Ein erhöhtes Haftungsrisiko ergibt sich in solchen Fällen daraus, dass der Gefällige mit dem Mietwagen in der Regel nicht vertraut ist. Kommt dann noch ein ungewohnter Linksverkehr hinzu, handelt es sich schnell um ein nicht hinzunehmendes Haftungsrisiko für den Gefälligen. Auch sind die für einen stillschweigenden Haftungsausschluss notwendigen besonderen Umstände darin zu sehen, dass die Reisegruppe in gesellschaftsähnlicher Weise miteinander verbunden ist und jeder der Mitreisenden als Fahrer oder Insasse in austauschbarer Weise aus einem Unfall als Anspruchsteller oder Anspruchsgegner hätte hervorgehen können.
Eine andere Art der Gefälligkeitsfahrt hat der Maiausflug einer studentischen Burschenschaft zugrunde gelegen. Der (spätere) Schädiger erklärte sich auf Bitten der Mitglieder der Burschenschaft bereit, diese zu einer Maifeier zu transportieren. Der Transport erfolgte auf einem Anhänger, auf dem sich nicht befestigte Tische und Bänke befanden. Der Anhänger wiederum wurde von einem vom Schädiger geführten Traktor gezogen. Allen Beteiligten war die unsichere Transportweise bewusst, wenngleich sie nicht davon ausgegangen waren, dass sie nicht erlaubt ist, obwohl dies wegen § 21 StVO eindeutig der Fall war. Auf der Heimfahrt verursachte der Fahrer des Traktors fahrlässig einen Verkehrsunfall, bei dem ein Mitglied der Burschenschaft vom Anhänger geschleudert und schwer verletzt wurde. Weder er noch die anderen ebenfalls verletzten Mitglieder erhoben Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter oder die Kraftfahrzeughaft...