Die Rechtsprechung zu Haftungsausschlüssen bei Probefahrten unterscheidet sich von den soeben betrachteten Fällen der Gefälligkeitsfahrten zunächst darin, dass sich nicht das tatsächliche Fehlen von Versicherungsschutz auf die Haftung auswirkt, sondern die Versicherbarkeit des Risikos (in der Regel für den später geschädigten Kraftfahrzeughändler). Hinzu kommt eine andere Interessenlage als bei Gefälligkeitsfahrten. Der Verkäufer hat in der Regel ein rein geschäftliches Interesse, eine Einladung zu einer Probefahrt auszusprechen. Wer geschäftlich handelt, dem kann eher zugemutet werden, eine speziell für den Zweck der Probefahrt angebotene Versicherung zu nehmen und, falls er das unterlässt, den Schaden selbst zu tragen. Dagegen ist der Kaufinteressent kaum in der Lage, sich gegen die besonderen Risiken einer Probefahrt zu versichern. Eine Privathaftpflichtversicherung kommt hierfür nicht in Betracht. Mit ihr kann man sich nicht gegen die Gefahren versichern, welche mit dem Führen von Kraftfahrzeugen verbunden sind (sog. Benzinklausel, vgl. § 1 Abs. 2b und § 2 Abs. 3c der AHB). Der Kaufinteressent müsste schon eigens eine Versicherung für das gelegentliche Führen oder Benutzen fremder versicherungspflichtiger Kraftfahrzeuge abschließen. Nur diese weithin unbekannte und auch unübliche Versicherung deckt auch die Schäden am geführten oder benutzten Kraftfahrzeug. Demgegenüber bedeutet es für den Kraftfahrzeughändler keine unzumutbare Belastung, dass er für seine Vorführwagen eine Kaskoversicherung abschließt. Eine derartige Versicherung verteuert das Halten eines Vorführwagens nicht in unvertretbarer Weise. Diese Verteuerung ist dem Händler umso eher zuzumuten, als er den Vorführwagen in seinem eigenen geschäftlichen Interesse hält. Wenn man bedenkt, dass für jeden einzelnen Kaufinteressenten, der sich ans das Steuer eines Vorführwagens setzt, unter Umständen erhebliche Beträge auf dem Spiel stünden, erscheint es vertretbar, dass der Kraftfahrzeughändler die Kaskoversicherungsprämie zahlt, um seinen Kunden dieses Haftungsrisiko abzunehmen.
Schließlich besteht bei Probefahrten im Allgemeinen ein erhöhtes Unfallrisiko. Der Probefahrer ist in der Regel mit den Besonderheiten des Modells, das er zur Probe fährt, nicht vertraut. Das Ansprechen des Gaspedals und der Bremsen, das Lenkverhalten, die Sichtverhältnisse sowie die Abmessungen sind von Fahrzeug zu Fahrzeug verschieden. Auch zahlreiche Bedienungshebel, wie Gangschaltung, Hupe oder Blinker sind bei den einzelnen Automodellen unterschiedlich ausgebildet und an unterschiedlichen Stellen angebracht. Das Fahren eines unbekannten Automodells bringt für jeden Autofahrer mehr oder weniger große Umstellungsschwierigkeiten mit sich. Hinzu kommt, dass der Kaufinteressent auf der Probefahrt gerade die Fahreigenschaften des neuen Modells wie Kurvenfestigkeit, Beschleunigung und Bremsverhalten testen will. Dieses Bestreben verleitet ihn leicht dazu, mit dem ihm unbekannten Wagen schneller und schärfer zu fahren, als er es gewöhnlich tut. Darin liegt ein weiteres Gefahrenmoment der Probefahrt.
Geht der Kaufinteressent in ein Autohaus, um dort mit einem neuen oder gebrauchten Fahrzeug des Autohändlers eine Probefahrt zu unternehmen und beschädigt er hierbei den Gegenstand seines Interesses leicht fahrlässig, weist der Fall keine besonderen Schwierigkeiten auf. Der Händler kann vom Probefahrer keinen Ersatz für die Beschädigungen seines Fahrzeugs verlangen, sofern diese im Zusammenhang mit den einer Probefahrt eigentümlichen Gefahren stehen. Der stillschweigende Haftungsausschluss wird in solchen Fällen damit begründet, dass der Kaufinteressent darauf vertrauen darf, dass für das Probefahrzeug eine Vollkaskoversicherung besteht.
Von einem stillschweigenden Haftungsausschluss ist nach Ansicht des BGH selbst dann auszugehen, wenn es sich bei dem Verkäufer um einen Privatmann handelt, der den Händler gebeten hat, als Vermittler tätig zu werden. Die Freistellung des Händlers muss der Verkäufer gem. § 278 BGB gegen sich gelten lassen, zumal wenn der Händler dem Kaufinteressenten die Probefahrt – trotz Hinweises des Kunden auf seine mangelnde Fahrpraxis – geradezu aufgedrängt hatte. Für den Kraftfahrzeughändler, der auch bei dieser Art der Inzahlungnahme ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt, besteht in zumutbarer Weise die Möglichkeit, Fahrzeuge, die sich zum Zwecke des Verkaufs in seiner Obhut befinden, Vollkasko zu versichern.
Der von der Rechtsprechung angenommene Haftungsausschluss greift allerdings nicht, wenn der Händler den Kunden ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass kein Versicherungsschutz besteht und er ihm Haftungsfall für sämtliche Schäden aufzukommen hat.
Beschädigt ein Kaufinteressent anlässlich einer Probefahrt durch leichte Fahrlässigkeit das Fahrzeug eines privaten Verkäufers, so kann ein stillschweigender Haftungsausschluss nicht angenommen werden. In einem vom OLG Köln (NJW 1996, 1288) zu entscheidenden Fal...