[6] „Die Revision des Kl. hat Erfolg.
[7] I. Das BG hat ausgeführt, dass die Bekl. aufgrund der im Jahre 2003 zu Stande gekommenen Vereinbarung der Parteien weitere Leistungen verweigern könne. Diese Vereinbarung sei wirksam und benachteilige den Kl. nicht, weil die Bekl. ihn zu dieser Zeit bei Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens auch auf eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann hätte verweisen können. Diese Verweisungsmöglichkeit habe sich erst mit der Initiative der Berufsgenossenschaft eröffnet. Auf die theoretische Möglichkeit einer solchen Ausbildung schon im Februar 2002 könne nicht abgestellt werden, weil der Versicherer ansonsten in vergleichbaren Konstellationen immer gehalten wäre, sämtliche denkbaren Ausbildungsmöglichkeiten erschöpfend zu prüfen. Das Nachprüfungsverfahren verfolge aber in Ausbildungsfällen auch den Zweck, sich im Laufe der Zeit erst “herauskristallisierende Erkenntnisse’ interessengerecht berücksichtigen zu können.
[8] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[9] 1. Die Bekl. hat die Möglichkeit, den Kl. auf eine andere Ausbildung zu verweisen, im Februar 2002 durch das einschränkungslose Anerkenntnis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ab dem 1.10.2001 verloren.
[10] a) Mit seinem Leistungsanerkenntnis entscheidet der Versicherer nicht nur über den Grad der Berufsunfähigkeit, sondern zugleich auch über eine fehlende Verweisungsmöglichkeit. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass eine Verweisungsmöglichkeit nicht besteht, wenn seine Entscheidung hierzu schweigt. Bereits bestehende, aber nicht wahrgenommene Verweisungsmöglichkeiten verliert der Versicherer auch für die Zukunft (Senat BGHZ 121, 284, 291 f.). Dies folgt daraus, dass die Regelung über das Nachprüfungsverfahren nur dann einen Sinn ergibt, wenn der Versicherer bei unverändertem Fortbestand der für die Beurteilung maßgeblichen, ihm bekannt gewordenen Umstände an sein erklärtes Anerkenntnis gebunden bleibt und nicht befugt ist, den Grad der Berufsunfähigkeit des Versicherten und etwaige Verweisungsmöglichkeiten jederzeit ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und/oder seiner Kenntnis hiervon abweichend von seiner früheren Anerkenntniserklärung zu bewerten (vgl. Senat VersR 2010, 619 Rn 9 und VersR 1986, 1113 unter 2).
[11] b) Die Bekl. hätte den Kl. bereits bei Abgabe des Leistungsanerkenntnisses unter den Voraussetzungen des § 2 (1) B-BUZ auf einen anderen Ausbildungsberuf verweisen können, der von ihm nach seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner Lebensstellung entspricht.
[12] Letzteres ist für die Ausbildung zum Versicherungskaufmann im Vergleich zur Ausbildung zum Maurer der Fall, wie das BG zutreffend angenommen hat. Nicht gefolgt werden kann dem BG dagegen darin, dass es diese Verweisungsmöglichkeit im Februar 2002 noch nicht gegeben habe, weil der Versicherer in Ausbildungsfällen nicht alle denkbaren Ausbildungsmöglichkeiten zu prüfen habe und erst im Nachprüfungsverfahren sich “herauskristallisierende Erkenntnisse’ über die Eignung und Fähigkeiten des Versicherten für eine bestimmte Ausbildung zu berücksichtigen seien. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass Eignung und Fähigkeiten des Kl. für eine andere, gleichwertige oder höherwertige Ausbildung nicht bereits im Februar 2002 geprüft werden konnten.
[13] 2. Die danach durch das zeitlich unbegrenzte Leistungsanerkenntnis im Jahre 2002 geschaffene Selbstbindung der Bekl., von der sie nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens abrücken konnte, ist nicht durch die mit dem Kl. getroffene Vereinbarung im Jahre 2003 wieder beseitigt worden.
[14] a) Individualvertragliche Vereinbarungen über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung können daraufhin überprüft werden, ob darin enthaltene Beschränkungen der bedingungsgemäßen Rechte des VN auf seiner freien Entscheidung oder einer treuwidrigen Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition des Versicherers beruhen. Wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des VN auszunutzen (Senat VersR 2007, 777 Rn 16; VersR 2007, 633 Rn 13 und VersR 2004, 96 unter II 1).
[15] Ein starkes Indiz für einen Verstoß gegen Treu und Glauben ist regelmäßig anzunehmen, wenn die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage durch die Vereinbarung zum Nachteil des VN geändert und seine Rechtsposition dadurch ins Gewicht fallend verschlechtert wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Versicherer sich gegen das Versprechen einer befristeten Kulanzleistung eine nach den Bedingungen ausgeschlossene Verweisungsmöglichkeit verschafft, die ihn nach Fristablauf in die Lage versetzt, künftige Leistungen ablehnen zu können, auf die der VN ohne die Vereinbarung wegen fehlender Verweisbarkeit Ansprüche hätte. Vereinbarungen, die derartige oder gleichgewichtige, von der objektiven Rechtslage abweichende Nachteile für ihn zur Folge haben, sind danach nur in engen ...