I. Sachverhalt
Mit einem Schadensfall, der sich nicht während der Verkehrsteilnahme eines Kfz ereignet hat, hatte sich der BGH (Urt. v. 26.3.2019 – VI ZR 236/18) zu befassen. Ein Pkw wurde nach einem Unfall in eine Werkstatt geschleppt. Der Werkstattinhaber vergaß, die Batterie abzuklemmen. In der darauffolgenden Nacht kam es zu einem Kurzschluss am zum Kühlerlüfter-Motor führenden Leitungssatz im Frontbereich des Pkw, der durch die mechanische Einwirkung auf die elektrischen Leiter in Folge des Unfallgeschehens ausgelöst wurde. Der Kurzschluss führte zu einem großflächigen Brand in der Werkstatt und im benachbarten Wohnhaus des Werkstattinhabers.
Der Gebäudeversicherer des Werkstattinhabers machte Ansprüche gegen die Versicherer der am Unfall beteiligten Fahrzeuge geltend. Der BGH gab der Klage unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 40 % statt.
II. Die Argumente des BGH
Fortfall der Ersatzpflicht durch "Dazwischentreten" eines Dritten?
Das beschädigte Fahrzeug war vom Inhaber der Kfz-Werkstätte abgeschleppt worden; dieser hatte beim Abstellen des Fahrzeugs vergessen, die Batterie abzuklemmen. Die Frage war, ob dadurch die ursprüngliche Kausalkette unterbrochen worden war.
Der BGH führt dazu Folgendes aus: "Ist ein Schaden entscheidend durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten einer anderen Person ausgelöst worden, kann die Grenze überschritten sein, bis zu der dem Erstschädiger der Zweiteingriff und dessen Auswirkungen als haftungsausfüllender Folgeschaden seines Verhaltens zugerechnet werden können. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten. Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen. Insbesondere werden dem Schädiger auch Fehler der Person zugerechnet, die der Geschädigte zur Abwicklung oder Beseitigung des Schadens hinzuzieht. Der Schädiger kann sich daher regelmäßig nicht mit dem Vorbringen entlasten, ein anderer habe die von ihm geschaffene Gefahrenlage pflichtwidrig nicht beseitigt zu haben."
Verwirklichung der durch den Unfall geschaffenen Gefahrenlage durch den Brand
Dazu der BGH: "Der Brand wurde durch einen Kurzschluss an den Leitungen, die zum Kühlerlüfter-Motor des Pkw führten, ausgelöst. Dieser Kurzschluss war auf den Unfall und die dabei aufgetretene mechanische Einwirkung auf die elektrischen Leiter im Frontbereich des Fahrzeugs zurückzuführen. Die schadensursächliche Gefahrenlage wurde damit unmittelbar durch den Unfall und beim Betrieb der am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuge geschaffen. Dass der (Brand-)Folgeschaden sich erst nach einer zeitlichen Verzögerung von 1 ½ Tagen realisiert hat, vermag daran nichts zu ändern, da die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- und nachwirkte."
III. Folgerungen für die Praxis
Die vom BGH im Urt. v. 21.1.2014 – VI ZR 253/13 aufgestellten Grundsätze, wonach auch der auf einer Selbstentzündung eines in einer Tiefgarage geparkten Pkw beruhende Brandschaden der Betriebsgefahr dieses Fahrzeugs zuzurechnen ist, mussten im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Denn es hatten sich – so der BGH – hier noch unmittelbar durch den Fahrbetrieb hervorgerufene Umstände ausgewirkt, sei der Kurzschluss doch die Folge eines Verkehrsunfalls gewesen. Der BGH zieht also folgenden Schluss: Wäre das Auto nicht (vor 1 ½ Tagen) in Betrieb gewesen, wäre es nicht in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Ohne den Unfall hätte es keine Beschädigung gegeben – und ohne die Beschädigung keinen Brand.