"… Dem Kl. steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus der Wohngebäudeversicherung sowie die verfolgten Nebenforderungen gegen die Bekl. nicht zu, da die von dem Leitungswasserschaden betroffene Wohnung im maßgeblichen Zeitraum von Mai 2018 bis Februar 2019 nicht vermietet war."
Unstreitig – und durch das LG mit Tatbestandswirkung festgestellt – finden auf das Versicherungsvertragsverhältnis der Parteien die vom Kl. vorgelegten (…) VGB 88 Anwendung. Der Anspruch auf Ersatz von Mietausfällen bei fremdvermietetem Wohnraum richtet sich nach § 3 Ziff. 1a) VGB 88, wonach die Leistungspflicht der Bekl. voraussetzt, dass dem Kl. als VN ein Ausfall durch eine infolge des Versicherungsfalls berechtigte Mietminderung oder Verweigerung der Mietzahlung eines Mieters entstanden ist. Entgegen der Auffassung des Kl. folgt hieraus nicht, dass ihm auch Schaden wegen unterbliebener Vermietung zu ersetzen ist.
1. AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. (…) Aus dem Wortlaut von § 3 Ziff. 1a) VGB 88 folgt bereits zwanglos, dass der Mietausfall vom VR ersetzt wird, “wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalls berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern'. Die Ersatzpflicht des VR greift danach nur ein, wenn ein Mieter die geschädigte Wohnung tatsächlich bewohnt und die Mietzahlung berechtigt verweigert hat. Würde auch ein Schaden ersetzt, obgleich eine Vermietung durch den VN nur beabsichtigt war, müsste die Klausel konjunktiviert lauten, dass auch ein Schaden ersetzt wird, wenn ein potentieller Mieter berechtigt wäre, eine Mietzahlung zu verweigern. Dies beträfe den Ersatz eines hypothetischen Mietausfalls, also des Mietwerts der Wohnung. Dieser vom tatsächlichen Mietausfall nach § 3 Ziff. 1a) VGB 88 zu unterscheidende ortsübliche Mietwert wird indes nur nach § 3 Ziff. 1b) VGB 88 ersetzt, wenn infolge des Versicherungsfalls Wohnräume unbenutzbar geworden sind, die der VN selbst bewohnt. Unbestritten bewohnte der Kl. die geschädigte Souterrainwohnung indes nicht selbst.
Angesicht dieses eindeutigen und aus der Sicht eines durchschnittlichen VN unmissverständlichen Wortlauts der im Wesentlichen seit Jahrzehnten unveränderten Klausel der VGB entspricht es auch allgemeiner Meinung, dass ein Schaden nur ersetzt wird, wenn sich der Mietausfall auf die zum Zeitpunkt des Schadens bereits vermietete Wohnung bezieht. Der Mieter muss aufgrund des Versicherungsfalls die Zahlung der Miete ganz oder teilweise verweigern können und dies auch tatsächlich tun. Die theoretische Möglichkeit einer Mietminderung genügt nicht (vgl. nur Hoenicke in: Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Aufl. 2020, § 4 Wohngebäudeversicherung, Rn 63; Rüffer in: VersRHdb., 3. Aufl. 2015, § 32 Rn 269.
Anderes kann der durchschnittliche VN auch dem für ihn erkennbaren Zweck und Sinnzusammenhang der Klausel des § 3 VGB 88 nicht entnehmen. Bei der Wohngebäudeversicherung handelt es sich entsprechend dem primären Leistungsversprechen in § 2 VGB 88, welches sich auf die Aufräum- und Wiederherstellungskosten des Gebäudes bezieht, um eine Sachversicherung. Vermögensfolgeschäden werden daher bereits nach der Struktur der Versicherung nur in begrenztem, jeweils konkret vereinbartem Umfang erfasst. Für Mietausfälle für eigen- und fremdgenutzten Wohn- und Geschäftsraum ergibt sich ein differenziertes Erstattungssystem aus § 3 VGB 88, welches zwischen Mietausfällen und ortsüblichem Mietwert unterscheidet. Die jeweiligen Voraussetzungen der Einstandspflicht sind klar, übersichtlich und laienverständlich geregelt. Soweit der Kl. insoweit die Auffassung vertritt, aus einem Vergleich zwischen § 3 Ziff. 1a) und § 3 Ziff. 2 VGB 88 ergebe sich, dass nur bei gewerblich genutzten Räumen die Versicherung eines Mietausfalls einer gesonderten Vereinbarung bedürfe, während diese bei der Vermietung von Wohnraum nicht erforderlich sei, ist dies vollkommen zutreffend, verhilft seinem Rechtsmittel indes nicht zum Erfolg. Der Kl. war unstreitig ohne besondere Vereinbarung gegen einen Mietausfall für nicht selbst bewohnten Wohnraum versichert. Vorliegend liegt aufgrund der klaren Regelung in § 3 Ziff. 1a) VGB 88 allerdings kein Mietausfall vor, da die Wohnung im maßgeblichen Zeitraum nicht vermietet war.
Zu einer anderen Auslegung der Klausel wird ein durchschnittlicher VN auch nicht in Anbetracht der Regelung unter Ziff. 2 der Erläuterungen des Versicherungsscheins kommen, wonach “abweichend von § 1 (3) VGB' der “Ersatz von Mietverlust/-wert für Wohnräume bis zu 12 Monate ohne zusätzlichen Beitrag mitversichert' ist. Diese Regelung des Versicherungsscheins ist vielmehr in der 1995 erfolgten Neufassung des § 3 VGB 88 aufgegangen, nach dem ohnehin – also auch ohne eine derartige besondere Vereinbarung im Versicherungsschein – Ausfälle der Miete für Wohnraum über 12 Monate hinweg statt vormals für 6 Monate mi...