In einem aktuellen Urt. v. 26.4.2022 hat der VI. Zivilsenat des BGH klargestellt, dass die Rechtsprechung des Senats zur Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten nicht dahingehend zu verstehen ist, dass im Fall einer noch nicht bezahlten Rechnung vom Geschädigten ohne Verschulden veranlasste und tatsächlich durchgeführte Schadensbeseitigungsmaßnahmen entgegen den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur deshalb außer Betracht bleiben müssen, weil sie sich nach fachkundiger Prüfung bei rein objektiver Betrachtung als unangemessen erweisen. Der Senat begründet dies damit, dass es nach den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung gerade nicht darauf ankomme, ob die vom Geschädigten veranlassten und tatsächlich durchgeführten Maßnahmen zur Schadensbeseitigung sich nach fachkundiger Prüfung bei rein objektiver Betrachtung als unangemessen erweisen; entscheidend sei vielmehr, ob diese Maßnahmen aus der ex ante-Sicht des Geschädigten erforderlich waren. Im gleichen Sinne haben das LG Saarbrücken und das AG Stade damit argumentiert, dass sich die begrenzten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten schon in der Erteilung des Auftrags zur Reparatur an die Werkstatt auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens widerspiegeln; die spätere Zahlung des Rechnungsbetrags stelle sich allein als Erfüllung der daraus folgenden Verbindlichkeit dar. Entspricht der Rechnungsbetrag der zwischen dem Geschädigten und der Werkstatt getroffenen Vereinbarung, so hilft dem Haftpflichtversicherer des Schädigers daher nicht, wenn er dem Geschädigten vor der Bezahlung der Rechnung einen Prüfbericht zusendet, der Zweifel an der Berechtigung einzelner Positionen begründet.
Bei einer subjektbezogenen Schadensbetrachtung können der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer sich gegenüber dem Geschädigten also nicht darauf berufen, dass die von der Werkstatt geltend gemachten Reparaturkosten objektiv unangemessen sind. Der Geschädigte ist daher im Allgemeinen auch nicht gehalten, die Angemessenheit der Rechnung im Einzelnen zu prüfen und der Werkstatt ggf. Einwendungen entgegenzuhalten.
Nach dem Grundgedanken der Lehre vom Werkstattrisiko soll der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht, nicht schlechter stehen, als wenn der Schädiger die Reparatur nach § 249 Abs. 1 BGB in eigener Regie ausgeführt hätte. In diesem Fall kann aber kein Zweifel bestehen, dass der Schädiger sich mit der Werkstatt über die Angemessenheit der Rechnung auseinandersetzen muss. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn den Geschädigten nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft. Hierfür reicht es nach Ansicht des BGH nicht aus, dass der von der Werkstatt abgerechnete Betrag nicht unerheblich über der Kalkulation im Schadensgutachten liegt. Wurden die von der Werkstatt abgerechneten Maßnahmen vom Geschädigten nicht in Auftrag gegeben oder von der Werkstatt ersichtlich nicht ausgeführt, so dürfte dem Geschädigten allerdings auch die Geltendmachung von Einwendungen gegenüber der Werkstatt zumutbar sein. Denn die Geschädigte ist nach dem Werkvertrag nicht zur Zahlung solcher Kosten verpflichtet.