Bei Unfällen zwischen Fußgängern und Kraftfahrzeugen hat zunächst der geschädigte Fußgänger ein unfallursächliches Verschulden des Kraftfahrers nachzuweisen. Gelingt ihm das nicht, scheiden Ansprüche aus § 823 BGB aus. Es verbleibt die Betriebsgefahr nach § 7 StVG. Die Haftung kann nach § 9 StVG, § 254 BGB entfallen, wenn die im Vordergrund stehende Schadensursache ein grob verkehrswidriges Verhalten des Fußgängers darstellt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die das Verschulden des Fußgängers begründen oder erhöhen, trägt der Kraftfahrer.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass, sofern ein aus Sicht des Kraftfahrers von links die Fahrbahn querender Fußgänger die Fahrbahn bereits betreten hat und noch in Bewegung ist, der Kraftfahrer nicht in jedem Fall darauf vertrauen darf, der Fußgänger werde in der Mitte stehenbleiben und ihn vorbeilassen. Richtig handelt zwar ein Fußgänger, der beim Überschreiten einer belebten und nicht allzu schmalen Straße zunächst, soweit es der von links kommende Verkehr gestattet, bis zur Mitte geht und dort wartet, bis er auch die andere Fahrbahnhälfte überqueren kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1975 – VI ZR 225/73). Allerdings ist aufgrund des Bewegungsverhaltens in Form eines schnellen Gehens und der fehlenden Blickzuwendung dem Vertrauen darauf, der Fußgänger werde an der Mittellinie anhalten und das bevorrechtigte Fahrzeug passieren lassen, die Grundlage entzogen, da bei verständiger Würdigung aller Umstände Anlass für den Kraftfahrer besteht, am verkehrsgerechten Verhalten des Fußgängers zu zweifeln. Daher ist dem Fahrer ein Verschuldensvorwurf nach § 1 Abs. 2 StVO zu machen.
Anders ist dies, wenn der Fußgänger an der Mittellinie angehalten hat und dann plötzlich auf die Fahrbahn tritt. Ein Fahrzeugführer muss nicht damit rechnen, dass ein erwachsener Fußgänger versuchen wird, kurz vor seinem Fahrzeug die Fahrbahn zu betreten und er muss auch nicht darauf gefasst sein, dass ein Fußgänger, der beim Überschreiten der Fahrbahn vor oder in der Mitte der Straße anhält, unerwartet weiter in seine Fahrbahn laufen werde. Dies gilt aber nur, solange er bei verständiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass hat, an dem verkehrsgerechten Verhalten des Fußgängers zu zweifeln.
An dieser Voraussetzung fehlt es aber bereits bei einer schnellen Schrittes die Straße überquerenden Fußgängerin. Sie wird gegenüber einem Fußgänger, der zunächst in der Fahrbahnmitte anhält, dann die Geschwindigkeit des Pkw falsch einschätzt und glaubt, die Fahrbahn noch gefahrlos überqueren zu können, privilegiert: Das Anhalten in der Fahrbahnmitte begründet einen Vertrauensgrundsatz auf Seiten des Fahrers, so dass nur noch die einfache Betriebsgefahr bestehen bleibt, die hinter dem groben Eigenverschulden des Fußgängers zurücktreten kann. Das besonders sorglose Verhalten der Fußgängerin im Ausgangsfall spielt zwar in der Verschuldensabwägung eine Rolle, gleichwohl trifft den Fahrer gerade wegen dieses sorglosen Verhaltens ein Verschuldensvorwurf.