I. Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Verkehrsunfall.

Der am 1952 geborene Kläger nimmt die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer auf materiellen und immateriellen Schadenersatz sowie umfassende Feststellung aus einem Verkehrsunfall in Anspruch.

Am 23.8.2014 gegen 21:00 Uhr kam der Kläger auf der A-Straße in P. mit seinem Motorrad zu Fall, nachdem ihm durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug die Vorfahrt genommen wurde. Zu einer Kollision der beteiligten Fahrzeuge kam es dabei nicht. Die volle Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ist dem Grunde nach unstreitig. Der Kläger wurde noch am Unfallort notärztlich behandelt und ins Universitätsklinikum E. eingeliefert, wo er vom 23.8.2014 bis 2.9.2014 stationär behandelt wurde. Der Kläger erlitt durch den Unfall eine – allerdings erst später diagnostizierte – Fraktur der 8. Rippe rechts. Vom erstversorgenden Notarzt wurde eine Glasgow-Coma-Scale (GCS) von 7 ermittelt. Um die Atemwege freizuhalten, kam es noch am Unfallort zu einer Propofolnarkose mit einer Intubation des Klägers. Ob er unfallbedingt ein Schädel-Hirn-Trauma und/oder psychische Beeinträchtigungen erlitten hat, ist streitig.

Nach dem Entlassungsbericht zeigte sich seinerzeit kein neurologisches Defizit. Auf Seite 4 des Berichts heißt es unter anderem "zudem unruhig-überreizt", "Patient psychomotorisch angespannt-hypersensitiv auffällig" und "psychomotorische Unruhe". Als Empfehlung wurde die Vorstellung zur stationären Aufnahme in einer psychosomatischen Klinik ausgesprochen. Zur Diagnose heißt es "Motorradunfall mit Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma", auf Seite 4 des Berichts "Verdacht auf leichtes SHT". Auf Seite 5 des Berichtes heißt es weiter, einzelne Rippenprellungen könnten nicht nachgewiesen werden. Zum Ergebnis einer Computertomografie vom Hirnschädel am 23.8.2004 heißt es auf Seite 7 des Berichts unter Beurteilung: "Kein wegweisender pathologischer Befund, insbesondere kein Anhalt für frische Ischämie bei CT-grafisch regelrechter Gefäßdarstellung. Keine intrakranielle Traumafolge, kein Frakturnachweis". Die Rippenfraktur wurde zunächst unstreitig im Universitätsklinikum E. nicht erkannt.

Noch am Entlassungstag, dem 2.9.2014, erschien der Kläger bei seinem Hausarzt Dr. B., in dessen Praxis er seit 2003 medizinisch betreut wird. Er berichtete dort von seiner Situation. In einem Attest dieses Arztes vom 26.6.2019 heißt es unter anderem:

"Gesundheitszustand bei Verunfallung: Herr X. befand sich nach erfolgreicher psychologischer Behandlung sowie Genesung seines Hüftleidens in guter körperlicher Verfassung, plante einen Urlaub mit seinen Söhnen. Gesundheitszustand nach dem Unfall vom 23.8.2014: Herr X. erschien am 2.9.2014 in meiner Praxis und gab an, am heutigen Tag nach einem schweren Verkehrsunfall aus dem Krankenhaus entlassen worden zu sein. Wir erlebten einen Patienten, wie wir ihn bisher nicht gekannt haben. Er erschien völlig verzweifelt, traumatisiert, unkonzentriert, hilflos. Am darauffolgenden Tag musste Herr X. dann als Notfall ins Krankenhaus W. eingewiesen werden."

Eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus W. ab 3.9.2014 ist nicht belegt, jedoch befand sich der Kläger vom 04.09. bis 11.9.2014 in stationärer Behandlung im Klinikum P. In dem mit der Anlage K 4 auszugsweise vorgelegten Entlassungsbericht vom 11.9.2014 heißt es unter der Überschrift "Diagnosen": "Zustand nach Motorradunfall 23.08.14 mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma frische Fraktur Costa 8 rechts mit geringer Pleuraerguss links, nebenbefundlich ältere, knöchern konsolidierte Fraktur Costa 8-10 links Sinusitis ethmoidalis bds. Bekannte Depression Verdacht auf Somatisierungsstörung". Am 5.9.2014 wurden weitere Computertomographien (CT) der Halswirbelsäule (HWS), des Neurokraniums und des Abdomens angefertigt, es wurde eine Steilstellung der HWS und deutliche degenerative Veränderungen des alantoaxialen Gelenkes und der unteren Segmente der HWS festgestellt, kein Frakturnachweis, kein Hinweis für Luxation, regelrechtes Alignement, kein Nachweis einer paravertebralen Einblutung. Die Beurteilung des CTs des Neurokraniums war unauffällig. Das CT des Abdomens ergab unter anderem neben einer älteren Rippenfraktur linksseitig eine erkennbare frische Fraktur der 8. Rippe rechts dorsal und eine Einblutung.

Vom 1.1.2015 bis 7.1.2015 fand ein stationärer Aufenthalt des Klägers in der Neurologie der Klinik A. statt. Zur Diagnose heißt es hier "Chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei Zustand nach leichtem SHT und HWS-Schleudertrauma (8, 2014), Neuroforamenstenose HWK 5/6 rechts". Die Aufnahme erfolgte laut Bericht wegen Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Schwindelanfällen. Vom 25.2. bis 26.3.2015 befand sich der Kläger in stationärer psychiatrischer Behandlung im Klinikum H., Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie. Nach dem Entlassungsbericht vom 8.4.2015 war Aufnahmeanlass eine "elektive Einweisung nach notfallmäßiger Vorstellung in der ZA des a...

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