Bei Kreuzungszusammenstößen im Bereich ampelgeregelter sich kreuzender Verkehrsflüsse machen geschädigte Anspruchssteller häufig geltend, bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren zu sein, und behaupten damit zugleich einen Verkehrsverstoß des kreuzenden Unfallgegners. Oder sie behaupten, beide Unfallbeteiligte seien mit ihren Kraftfahrzeugen bei jeweils in ihrer Fahrtrichtung zeigendem Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren, sodass es deshalb zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge gekommen sei ("feindliches Grün").
In beiden Konstellationen ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig dafür, bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren zu sein (vgl. OLG Hamm NZV 1993, 481 = OLGR 2003, 364; OLG Hamm NZV 1997, 40; OLG Karlsruhe VersR 1993, 1542; LG Dresden VersR 2007, 1385; Schwake, VersR 1997, 1620). Bei der Behauptung feindlichen unfallursächlichen Grüns, die der Geschädigte zur Begründung von Ansprüchen aus Amtshaftung oder enteignungsgleichem Eingriff gegen die die LZA betreibende öffentliche Körperschaft anführt, wird die Beweisführung in der Regel durch etwa benannte Zeugen oder durch Anerbieten der Einholung eines Sachverständigengutachtens versucht. Im Vordergrund der Beweiswürdigung steht die Erkenntnis, dass feindliches Grün nach der inzwischen entwickelten Sicherung der LZA eher unwahrscheinlich ist. Die im Signalplan angelegte Zwischenzeit wird in der Regel das Auftreten feindlichen Grüns verhindern. Die Zwischenzeit ist die Zeitdauer zwischen dem Ende der Freigabezeit eines Verkehrsstromes und dem Beginn der Freigabezeit in der kreuzenden Richtung (vgl. Löhle/Beck, DAR 2000, 1, 2; Schwake, VersR 2007, 1620, 1621). Selbst wenn wegen unzureichender Zwischenzeiten feindliches Grün auftreten sollte, wird die LZA binnen 0,3 sec abgeschaltet (vgl. DIN VDE 0832 – 100 NC 4.2.1). Bei dieser Konstellation findet eine automatische Aufzeichnung in einem Fehlerspeicher statt. Fehlt ein Eintrag, ohne dass ein Defekt des Fehlerspeichers erkennbar ist, kann feindliches Grün ausgeschlossen werden (vgl. OLG Hamm VersR 1982, 50; Schwake, a.a.O., 1622). Diese umfassenden Sicherungen gegen das Auftreten von feindlichem Grün und die flankierende Befundsicherung machen deutlich, dass die Chance des Nachweises feindlichen Grüns durch Sachverständige gering ist. Wird allerdings durch den Aufprall eines Fahrzeuges die Ampelanlage beschädigt, lässt sich feststellen, welche der Ampeln zur Zeit des Aufpralls welche Signalfarbe aufwies (vgl. Löhle/Beck, a.a.O., 3). Bei großflächig dimensionierten Kreuzungen, zu knapp gewählten Zwischenzeiten und Ampelanlagen älterer Bauart oder bei Kollisionen innerhalb der kurzzeitig in beiden Fahrtrichtungen aufgetretenen Grünphasen kann feindliches Grün auftreten, was der Sachverständige nur bei einer Dokumentation im Zentralrechner, die die vorangegangene Schädigung einer Lichtzeichenanlage voraussetzt, klären kann (vgl. Löhle/Beck, a.a.O., 3).
Bei behauptetem Zusammenstoß in einem Kreuzungsbereich wegen feindlichen Grüns ist Sachverständigenbeweis nicht zu erheben, wenn die LZA eine automatische Abschaltung bei feindlichem Grün und die Dokumentation dieses Fehlers im Speicher vorsieht, eine solche sich jedoch nicht feststellen lässt. Die Behauptung, es habe eine "Fehlschaltung" vorgelegen, kann der Sachverständige mangels einer Anknüpfungstatsache nicht untersuchen, es sei denn, es wird zusätzlich angeführt, die automatische Abschaltung der Ampel und die Fehlerdokumentation seien infolge einer Fehlschaltung entfallen. Mit einer solchen Feststellung hat der Geschädigte jedoch nichts gewonnen, da ihm damit immer noch Anknüpfungstatsachen für den Nachweis feindlichen Grüns fehlen, die dem Sachverständigen vorgegeben werden können.
Bei dieser Beweislage bleibt dem Geschädigten nur die Bezugnahme auf etwaige Zeugen zum Nachweis feindlichen Grüns und eine etwaige Parteianhörung nach § 141 ZPO. Meist wird die Brauchbarkeit von Zeugenaussagen deshalb zu verneinen sein, weil ein Zeuge nicht die LZA in beiden Fahrtrichtungen wahrnehmen konnte (vgl. auch OLG Celle NZV 1999, 244; Schwake, a.a.O., 1623).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Frankfurt am Main