[7] "… 1. Nach der st. Senats-Rspr. (vgl. nur Urt. v. 21.12.1961 – III ZR 192/60, LM Nr. 3 zu RNatSchG; v. 21.1.1965 – III ZR 217/63, VersR 1965, 475, 476 und v. 4.3.2004 – III ZR 225/03, NJW 2004, 1381; s. auch BGH, Urt. v. 30.10.1973 – VI ZR 115/72, VersR 1974, 88, 89 f.) erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Der Verkehrssicherungspflichtige muss daher Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr konkret gefährden, insb. wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Allerdings stellt jeder Baum an einer Straße oder an einem öffentlichen Parkplatz eine mögliche Gefahr dar. Einerseits können auch völlig gesunde Bäume vom Sturm, selbst bei nicht außergewöhnlicher Windstärke, entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden; auch Schneeauflage oder starker Regen können zum Absturz selbst von größeren Ästen führen. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baums von außen nicht immer erkennbar. Das gebietet aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen und öffentlichen Parkplätzen oder eine besonders gründliche Untersuchung jedes einzelnen Baums. Der Umfang der notwendigen Überwachung und Sicherung kann nicht an dem gemessen werden, was zur Beseitigung jeder Gefahr erforderlich ist; es ist unmöglich, den Verkehr völlig risikolos zu gestalten. Dieser muss gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten der Natur selbst beruhen, als unvermeidlich hinnehmen. Die Behörden genügen daher ihrer Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – außer der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung dort vornehmen, wo besondere Umstände – wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau oder ähnliches – sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen (vgl. Senat a.a.O.)."
[8] Ihre diesbezüglichen Pflichten hat die Bekl., die im Sommer 2010 und im Winter 2010/2011 eine Baumkontrolle durchgeführt hat, nicht verletzt. Die streitgegenständliche Pappel und der den Schaden verursachende Ast waren vor dem Schadensfall gesund. Dies hat das BG zutreffend festgestellt; der Kl. erhebt insoweit auch keine Revisionsgegenrüge.
[9] 2. Ob – über die Grundsätze der bisherigen Senats-Rspr. hinaus – bei gesunden Bäumen, bei denen wie bei der hier in Rede stehenden Pappel oder wie bei anderen Weichhölzern (z.B. Weiden, vgl. OLG Düsseldorf VersR 1997, 463, 464; Kastanien, vgl. OLG Hamm VersR 1997, 1148, 1149 und OLG Koblenz NZV 1998, 378; Götterbäume, vgl. OLG Karlsruhe VersR 2011, 925, 926) ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, der Verkehrssicherungspflichtige Schutzmaßnahmen ergreifen muss, ist umstritten.
[10] Teilweise wird die Auffassung vertreten, Pappeln seien als “Gefahrenbäume‘ im Bereich von Parkplätzen grds. zu entfernen (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2011, 926, 927); zumindest seien sämtliche in die Verkehrsfläche hineinragenden Äste zu beseitigen oder die Fläche unter den Bäumen für den Verkehr zu sperren (vgl. OLG Köln VersR 1994, 1489; siehe auch Hötzel, AgrarR 1998, 163, 165 ff.; Wittek, AUR 2011, 10 f.).
[11] Überwiegend wird demgegenüber in der Rspr. (vgl. OLG Hamm VersR 1997, 1148, 1149 und NuR 1999, 538, 539; OLG Koblenz NZV 1998, 378, VersR 1998, 865 und OLGR 2001, 286, 287 f.; OLG Karlsruhe VersR 2011, 925, 926; siehe auch OLG München DAR 1985, 25, 26; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 726, 727 und VersR 1997, 463, 464; OLG Naumburg – 1 U 81/12, n.v. S. 3) und im Schrifttum (vgl. Breloer, NZV 1998, 378 f.; Edenfeld, VersR 2002, 272, 277 f.; Burmann, NZV 2003, 20, 22; Schneider, VersR 2007, 743, 747; Hilsberg, VersR 2011, 928 f.) die Meinung vertreten, dass ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grds. zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken gehöre.
[12] 3. Letzterer Auffassung schließt sich der Senat an. Der Verkehr muss gewisse Gefahren, die auf Gegebenheiten der Natur selbst beruhen, als unvermeidlich hinnehmen. Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt es insoweit nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Gehören damit aber die Folgen eines natürlichen Astabbruchs grds. zum allgemeinen Lebensrisiko, bedarf es auch keiner niederschwelligerer Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern. Entsprechende Vorgaben ließen sich im Übrigen auch nicht, wie das BG meint, auf Parkplätze beschränken. Der Senat vermag die Auffassung des BG nicht zu teilen, wonach sich die Gefahrenlage auf Parkplätzen grundlegend anders – näm...