In der Haftpflichtschadenregulierung wird der mandatierte Rechtsanwalt regelmäßig beauftragt, für den geschädigten Mandanten Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche durchzusetzen. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts erfolgt nach der Erfahrung des Verfassers selten durch förmlichen Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages, sondern vielmehr – konkludent – dadurch, dass der Anwalt mit Vollmacht für den Auftraggeber tätig wird. Ein stillschweigender Abschluss des Vertrags ist anzunehmen, wenn der Auftraggeber den Anwalt bewusst um eine Leistung bittet, die dieser üblicherweise nur gegen Entgelt erbringt.
Mit dem Abschluss dieses Vertrags entstehen nicht nur Rechte, Anspruch auf Vergütung, sondern auch Pflichten, deren Nichtbeachtung oder Verletzung zu Schadenersatzansprüchen des Mandanten führen können. Eine solche Schadenersatzpflicht des tätigen Rechtsanwalts ist immer dann in Betracht zu ziehen, wenn dieser seiner Beratungsverpflichtung nicht ausreichend nachkommt. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Rechtsanwalt ein umfangreiches Mandat erteilt wird, wovon regelmäßig auszugehen ist, wenn sich die erteilte Vollmacht nicht ausdrücklich auf Teilaspekte einer durchzuführenden rechtlichen Überprüfung erstreckt. Als Vorsitzender eines Vorprüfungsausschusses für die Verleihung von Fachanwaltsbezeichnungen im Verkehrsrecht ist dem Verfasser durch zahlreiche Antragsverfahren und der damit verbundenen Überprüfung von Akten bekannt, dass sehr häufig eine umfangreiche Vollmacht z.B. dergestalt erteilt wird:
In diesem Fall kann der geschädigte Mandant aber jedenfalls eine umfangreiche Beratung beanspruchen. Dies ist in der Rechtsprechung seit Jahren anerkannt. So hat das OLG Köln schon vor mehr als 20 Jahren zum Umfang der Sachverhaltsaufklärungs- und Beratungspflicht eines Anwalts bei einem Unfallschaden folgenden Orientierungssatz festgehalten:
Zitat
"Holt der Mandant wegen eines Unfallschadens umfassenden anwaltlichen Rat dahingehend ein, ob und gegebenenfalls gegen wen Ansprüche bestehen könnten, muss der beauftragte Rechtsanwalt umfassend nach dem etwaigen Schädiger sowie nach in diesem Zusammenhang bestehenden Berufsunfähigkeits-, Invaliditäts-, Unfall- oder sonstigen Versicherungen nachfragen."
Nichts anderes hat das OLG Celle im Jahre 2010 entschieden. Der Leitsatz dieser Entscheidung des OLG Celle lautet wie folgt:
Zitat
"Trägt der Mandant dem Rechtsanwalt einen einheitlichen Lebenssachverhalt vor, der unterschiedliche Ansprüche betrifft (hier: Haftpflicht- und Kaskoschaden nach Verkehrsunfall), ist grundsätzlich von einem umfassenden Auftrag auszugehen. Nur ausnahmsweise ist von der Erteilung eines nur eingeschränkten Mandates auszugehen, was der Anwalt darzulegen und zu beweisen hat. Grundsätzlich erhält der Rechtsanwalt für einen einheitlichen Lebenssachverhalt einen umfassenden Auftrag von seinem Mandanten. Nur ausnahmsweise ist von der Erteilung eines nur eingeschränkten Mandates auszugehen, was der Anwalt darzulegen und zu beweisen hat. Deswegen ist der Beklagte hinsichtlich des behaupten eingeschränkten Mandates, nämlich die Klägerin nur mit Blick auf den Haftpflichtprozess und das gegen sie gerichtete Ordnungswidrigkeitenverfahren beauftragt gewesen zu sein, beweisfällig geblieben, weil er Beweis für seine Behauptung nicht einmal angetreten hat."
Wie umfangreich die Beratungspflichten sind, hat der BGH im Urt. v. 30.11.2017 im Hinblick auf einen Versicherungsmakler festgehalten. Der Verfasser ist der Auffassung, dass die Entscheidung des BGH zum Versicherungsmakler 1:1 auch auf den Rechtsanwalt zu übertragen ist, mit der Folge, dass den Rechtsanwalt ein erhebliches Haftungsrisiko trifft, wenn er die eingangs angesprochenen Versicherungen nicht in den Blick nimmt.
Sowohl bei der Fahrerschutzversicherung als auch der Forderungsausfallversicherung handelt es sich um versicherungsvertragsrechtliche Ansprüche des Versicherungsnehmers oder aber der versicherten Person. Von daher unterliegen diese Ansprüche grundsätzlich der dreijährigen Verjährung. Sollte die dreijährige Verjährungsfrist in dem ein oder anderen Mandat zwischenzeitlich abgelaufen sein, könnte es gleichwohl sachgerecht sein, dass der Mandant die Ansprüche nach wie vor anmeldet, weil sich diskutieren lässt, ob die nicht erfolgte Anmeldung möglicherweise schuldlos erfolgt ist und infolge dessen keine Fälligkeit im Sinne von § 14 VVG eingetreten ist. Grundsätzlich ist indes festzuhalten, dass das Nichterfragen weitergehender Versicherungen zu Beginn eines Mandates in höchstem Maße fahrlässig ist.
Der Verfasser befragt die Unfallgeschädigten bei mittelschweren und schweren Verkehrsunfällen ganz umfangreich. Es werden dann die etwa weitergehenden Versicherungen erfragt oder jedenfalls im Hinterkopf abgespeichert, ob nicht gegebenenfalls beim Versicherungsagenten bzw. beim Versicherungsmakler Ansprüche durchzusetzen sind. Da der Rechtsanwalt auch von seiner Arbeit lebt und bekanntlich allein im Haftpflichtschadenersatzan...