[9] II. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
[10] 1. Der Kl. hat gem. §§ 7Abs. 1, 17 StVG, 115 VVG i.V.m. § 1 PflichtVersG Anspruch auf den Ersatz von 75 Prozent des Schadens, der ihm aus dem Verkehrsunfall entstanden ist.
[11] Hinsichtlich des Unfallhergangs folgt der Senat den vom LG umfassend getroffenen Feststellungen, die von den Parteien in der Berufungsinstanz auch nicht angegriffen werden. (wird ausgeführt)
[14] a) Der Anspruch gegen die Bekl. zu 1) folgt aus § 7Abs. 1 StVG.
[15] Als Erbin ihres verstorbenen Mannes tritt sie dessen Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB an und haftet für dessen Verbindlichkeiten gemäß § 1967 BGB. Hierzu gehören auch Schadensersatzansprüche nach dem StVG.
[16] aa) Dieser war Halter eines Kraftfahrzeuges, bei dessen Betrieb eine Sache, nämlich das Motorrad des Kl. beschädigt und der Körper sowie die Gesundheit des Kl. verletzt wurden. Die Haftung ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, weil der Zusammenstoß nicht auf höherer Gewalt beruhte. Der Unfall war auch nicht Folge eines unabwendbaren Ereignisses im Sinne der § 17 Abs. 3 S. 1 StVG. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des LG verwiesen werden. Die Haltereigenschaft (auch des Kl.) ist offenbar von allen Beteiligten vorausgesetzt worden und ergibt sich auch aus der beigezogenen Ermittlungsakte.
[17] bb) Der Umfang des dem Kl. von der Bekl. zu 1) zu erstattenden Schadens richtet sich nach den Verursachungsbeiträgen des Kl. und des Rechtsvorgängers der Bekl. zu 1) an dem Unfallereignis.
[18] (1) Bei der Beteiligung mehrere Kraftfahrzeuge bestimmt sich die Haftung nach § 17 StVG. Gemäß § 17Abs. 1 StVG hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wird und die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet sind. § 17 Abs. 2 StVG bestimmt, dass wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, § 17 Abs. 1 StVG auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander gilt.
[19] Der Kl. selbst haftet gemäß § 7 Abs. 1 StVG als Halter seines eigenen Fahrzeuges, bei dessen Betrieb Sachen (Pkw auf Beklagtenseite) beschädigt wurden. Es liegen weder höhere Gewalt noch ein unabwendbares Ereignis vor. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des LG verwiesen werden. Insbesondere hat sich der Kl. nicht wie ein Idealfahrer verhalten, sondern mit seinem Überholmanöver selbst eine erhöhte (Betriebs-)Gefahr geschaffen.
[20] (2) Auf Beklagtenseite ist eine gesteigerte Betriebsgefahr wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 S. 4 StVO in der Abwägung zu berücksichtigen. Die Betriebsgefahr wird geprägt durch die Gesamtheit aller Umstände, welche durch die Eigenart des Kraftfahrzeuges in den Verkehr getragen werden.
[21] Nach den plausibel und nachvollziehbar begründeten Feststellungen des LG ist der Rechtsvorgänger der Bekl. zu 1) unter Verletzung der Sorgfaltspflichten nach § 9 Abs. 1 S. 4 StVO aus der Kolonne ausgeschert, um nach links abzubiegen, ohne seiner doppelten Rückschaupflicht nachzukommen. Nach § 9 Abs. 1 S. 4 StVG ist vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen auf den nachfolgenden Verkehr zu achten; vor dem Abbiegen ist es dann nicht nötig, wenn eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Die entsprechende Sorgfaltspflichtverletzung ist durch das Sachverständigengutachten bewiesen worden, sodass es nicht darauf ankommt, ob ein Anscheinsbeweis zulasten des Linksabbiegers regelmäßig ausscheiden muss, wenn der Überholende diesem nicht unmittelbar nachfolgt, sondern eine Kolonne überholt (OLG Saarbrücken, Urt. v. 16.10.2014 – 4 U 145/13, NJW-RR 2015, 279 Rn 57 f. m.w.N., beck-online; jedenfalls bei kleiner Kolonne: OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.9.2018 – 1 U 155/17, Rn 42, r+s 2019, 405; jedenfalls bei abbiegendem Spitzenfahrzeug: OLG Hamm, Urt. v. 23.2.2006 – 6 U 126/05, Rn.13, BeckRS 2006, 6560). Nach den Feststellungen des Sachverständigen B. war der Kl. für den Rechtsvorgänger der Bekl. zu 1) gut erkennbar, als dieser sich zu dem Überholvorgang entschloss. Die gerade Strecke war nach den überzeugenden und anschaulichen Feststellungen des Sachverständigen über den Rückspiegel weithin einsehbar, der Kl. fuhr im Abstand von knapp 50 m. Auch die Zeugen W. und S. haben bekundet, den Kl. im Rückspiegel gesehen zu haben, was die Erkennbarkeit bestätigt.
[22] Noch weitergehende gefahrerhöhende Umstände auf Seiten des Rechtsvorgängers der Bekl. zu 1) sind nicht ersichtlich.
[23] Soweit das LG davon ausgegangen ist, dass er nicht ohne jede Rückschau ausgeschert und den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig gesetzt hat, begegnet dies keinen Bedenken. Der Rechtsvorgänger der Bekl. zu 1) hat in seiner informatorischen Anhörung lebensnah geschildert,...