Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das LG einen Anspruch des Kl. aus § 125 VVG, § 5 Abs. 1 ARB verneint und demzufolge die Feststellungs- und Leistungsklage abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.

1. Zugunsten des Kl. kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherungsfall i.S.v. § 2 lit. a) ARB eingetreten ist. Denn der VN bringt einen objektiven Tatsachenkern vor, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes als Ausgangspunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung verbindet und hierauf seine Interessenverfolgung stützt (sog. "Drei-Säulen-Modell"; vgl. etwa NGH NJW 2009, 365 Rn 20 m.w.N. … Dabei kommt es allein auf das Vorbringen des VN zur geltend gemachten Pflichtverletzung des Anspruchsgegners an.

2. Jedoch durfte die Beklagte den Rechtsschutz ablehnen, weil die vom Kl. beabsichtigte Wahrnehmung rechtlicher Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 3a Abs. 1 lit. a ARB). Hierbei handelt es sich um eine sekundäre Risikobegrenzung, für deren Voraussetzungen der VR beweispflichtig ist (vgl. Harbauer/Schmitt, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., ARB 2010, § 3a Rn 12). Allerdings trifft den klagenden VN eine sekundäre Darlegungslast. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, aufgrund dessen die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung beurteilt werden kann (vgl. OLG München, BeckRS 2022, 13980).

a) Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht aus dem als "Stichentscheid" bezeichneten Schreiben der Klägervertreter vom 5.6.2021. Dieser entfaltet entgegen § 3a Abs. 2 Satz 2 ARB keine Bindungswirkung zwischen den Parteien.

aa) Dies folgt bereits daraus, dass dieser "Stichentscheid" nicht an die hiesige Bekl. adressiert ist, sondern an die N. A. Versicherungs AG, welche dort als Rechtsschutzversicherer des Kl. bezeichnet wird. Nach § 3a Abs. 2 Satz 1 ARB war die begründete Stellungnahme jedoch "diesem gegenüber", also gegenüber dem Rechtsschutzversicherer des Kl. abzugeben.

bb) Die Bindungswirkung setzt ferner voraus, dass der Stichentscheid losgelöst von der reinen Interessenvertretung alle rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, auf die der Rechtsschutzversicherer seine Deckungsablehnung gestützt hat (vgl. OLG Hamm zfs 2021, 581 OLG Fr.). Hieran fehlt es jedoch, wie die Vorinstanz zutreffend herausgearbeitet hat.

Die Bekl. hatte ihre Ablehnung unter Bezugnahme auf eine aktuelle höchstrichterliche Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass Thermofenster oder sonstige Abschalteinrichtungen nicht per se eine sittenwidrige Handlung darstellten, sondern darüber hinaus weitere zu beweisende Täuschungshandlungen erforderlich seien. Hiermit setzt sich der Stichentscheid nicht in der erforderlichen Weise auseinander. Auf die zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten und sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGH NJW 2021, 921) ergebenden tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 826 BGB im Zusammenhang mit dem sog. "Thermofenster" geht der Stichentscheid überhaupt nicht näher ein, namentlich nicht auf die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit, Zu Recht hat das Landgericht daher entschieden, dass der "Stichentscheid" vom 5.6.2021 die maßgebliche Rechtslage unberücksichtigt gelassen hat.

b) Der Sachvortrag des Kl. ist nicht geeignet, eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Interessenwahrnehmung schlüssig zu begründen. Im Gegenteil liegt ihr Misserfolg praktisch auf der Hand.

aa) Die Auslegung des Merkmals "hinreichende Aussicht auf Erfolg" orientiert sich an § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, d.h. der VN muss einen Rechtsstandpunkt einnehmen, der aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zutreffend oder zumindest vertretbar erscheint und bei dem – im Falle eines zu erwartenden Bestreitens der Gegenseite – in tatsächlicher Hinsicht zumindest die Möglichkeit einer Beweisführung zugunsten des VN mithilfe zulässiger und geeigneter Beweismittel besteht (vgl. BGH NJW 1988, 266, 267 …).

Bei der Prüfung dieser Frage ist auf den Zeitpunkt der sog. Bewilligungsreife abzustellen, d.h. auf den Zeitpunkt, in dem der Rechtsschutzversicherer seine Entscheidung über den Deckungsschutz trifft (vgl. OLG Karlsruhe, BeckRS 2016, 20806 … ). Es handelt sich um eine Prognoseentscheidung (vgl. OLG Saarbrücken, BeckRS 2010, 28328; Harbauer/Schmitt, a.a.O., § 3a Rn 13).

bb) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs lässt sich keine Schadensersatzforderung des Kl. gegen die B aus der einzig denkbaren Anspruchsgrundlage der §§ 826, 31 BGB, also wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung, herleiten.

(1) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Ve...

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