Ich halte die Entscheidung des OLG Brandenburg für richtig. In der Praxis vertreten deutsche Prozessbevollmächtigte nicht selten Mandanten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Die Vertretung eines solchen Mandanten ist nur dann sinnvoll durchzuführen, wenn dieser auch Kenntnis von dem Prozessstoff hat. Dies schließt die Kenntnis der gerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen, aber auch der gegnerischen Schriftsätze und der Schriftsätze des eigenen Prozessbevollmächtigten ein.
Die Übersetzung des Prozessstoffs
Der in deutscher Sprache verfasste Prozessstoff (s. § 184 Satz 1 GVG) kann dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Mandanten auf folgende Weise zur Kenntnis gebracht werden:
Mündliche Übersetzung durch den Prozessbevollmächtigten
Ist der Prozessbevollmächtigte der Sprache seines Mandanten hinreichend mächtig, kann er die vorgenannten Schriftstücke dem Mandanten mündlich übersetzen. Diese Tätigkeit fällt unter den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr, gehört also zum Betreiben des Geschäfts i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG. Denn der Rechtsanwalt tut in der von ihm beherrschten fremden Sprache genau das, was er sonst in deutscher Sprache tun müsste (siehe Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl. 2023, Nr. 3100 VV RVG Rn 25). Folglich werden diese Übersetzungstätigkeiten durch die Verfahrensgebühr, etwa nach Nr. 3100 VV RVG, mit abgegolten. Eine besondere Vergütung erhält der Rechtsanwalt für seine Übersetzungstätigkeit somit nicht, es sei denn, er hätte mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung nach Maßgabe der §§ 3a ff. RVG geschlossen.
Etwas anders gilt regelmäßig bei der vorgerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts. Im Rahmen des Vertretungsmandats erhält der Rechtsanwalt für mündliche Übersetzungen zwar ebenfalls keine besondere Vergütung. Jedoch wird die Übersetzungstätigkeit den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit anheben, was dazu führen kann, dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nach einem höheren Gebührensatz als ohne diese Übersetzungstätigkeit bestimmt werden kann.
Mündliche Übersetzung durch einen Dolmetscher
Ist der Prozessbevollmächtigte der fremden Sprache nicht hinreichend mächtig, kann es erforderlich sein, einen Dolmetscher heranzuziehen. Dieser wird entweder von dem Mandanten selbst beauftragt. Die in Anwendung der §§ 8 ff. JVEG angefallenen Dolmetscherkosten sind dann je nach den Umständen des Einzelfalls erstattungsfähige Auslagen der obsiegenden Partei. Beauftragt der Prozessbevollmächtigte den Dolmetscher im eigenen Namen, schuldet er auch dem herangezogenen Dolmetscher dessen Vergütung persönlich. In diesem Fall gehören die Dolmetscherkosten zu den nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG; § 675, iV.m. § 670 BGH grundsätzlich zu ersetzenden Aufwendungen.
Schriftliche Übersetzung durch den Prozessbevollmächtigten
Übersetzt der Prozessbevollmächtigte – wie hier im Fall des OLG Brandenburg – die Schriftstücke selbst in die Sprache seines Auftraggebers, wird diese Tätigkeit nicht durch die Verfahrensgebühr abgegolten, sondern ist ihm daneben nach Maßgabe der §§ 8 ff. JVEG gesondert zu vergüten (OLG Bamberg JurBüro 1974, 1027; OLG Frankfurt NJW 1962, 1577; KG JurBüro 1867, 77; OLG Karlsruhe Justiz 1978, 315; Ott AnwBl. 1981, 173). Einschränkend sieht dies das OLG Stuttgart (JurBüro 1981, 65 = Rpfleger 1981, 32), wonach die Korrespondenz und Informationsgespräche des Rechtsanwalts mit dem Mandanten in einer Fremdsprache durch die – damalige -Prozessgebühr abgegolten werden. Eine zusätzliche Vergütung nach Maßgabe des JVEG erhält der Rechtsanwalt nach Auffassung des OLG Stuttgart nur dann, wenn die Übersetzungstätigkeit des Rechtsanwalts eine über den normalen Tätigkeitsbereich erheblich hinausgehende Mühewaltung darstellt.
Kostenerstattung
Die Erstattungsfähigkeit der gesondert entstandenen Dolmetscher- und Übersetzerkosten, seien sie in der Person des Prozessbevollmächtigten oder durch die Tätigkeit eines Dritten angefallen, bestimmt sich nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Umstände des Einzelfalls sind maßgeblich
Einigkeit besteht in der Rechtsprechung darüber, dass der der deutschen Sprache nicht mächtige Mandant über die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Umstände angemessen informiert werden muss. Ob dies durch eine mündliche Übersetzung der Schriftstücke seitens des Prozessbevollmächtigten erfolgen kann oder ob der Rechtsanwalt dem Mandanten schriftlich eine geraffte Zusammenfassung des Prozessstoffs mitteilt oder ob eine wörtliche Übersetzung sämtlicher Schriftstücke notwendig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten, seien sie in der Person eines Übersetzers oder des Prozessbevollmächtigten angefallen, hängt somit entscheidend davon ab, inwieweit eine wörtliche Übersetzung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich war. Hierbei ist auch die Verpflichtung der obsiegenden Partei, die Kosten im Rahmen des Verständigen möglichst niedrig zu halten, in den Blick zu nehmen.
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