Die Kl. hat gegen die Bekl. zu 1) keinen Anspruch aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 7 StVG, § 1 PflVG.
a) Das LG hat mit zutreffender und vom Senat geteilter Begründung festgestellt, dass es dem Kl. schon nicht gelungen sei, schlüssig einen Direktanspruch gegen die Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer des ADAC SE vorzutragen. Mit Recht hat es demgemäß darauf abgestellt, dass die Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer der ADAC SE nicht der richtige Anspruchsgegner sei. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG kann der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den VR geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt.
Die Zulässigkeit einer Direktklage des Kl. gegen die Bekl. zu 1) setzt mithin voraus, dass er einen Schadensersatzanspruch geltend macht, der im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von der Bekl. zu 1) gedeckt werden muss (vgl. BGHZ 192, 261). Die Vorschrift des § 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Kraftfahrzeuges, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der "durch den Gebrauch des Fahrzeuges" verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden“ abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
Das LG hat vorliegend einen Direktanspruch aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG daran scheitern lassen, dass es sich bei der Bekl. zu 1) weder um den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der VN handelt noch nach dem eigenen Vorbringen des Kl., der Ansprüche aus einer Fehlberatung eines ADAC-Technikers geltend macht, von einem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsfall ausgegangen werden kann, der durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursachte Schäden voraussetzt. Dem ist die Berufung zu Recht nicht entgegengetreten.
b) Der Bekl. zu 1) ist es auch nicht verwehrt sich auf ihre fehlende Passivlegitimation zu berufen. Insbesondere stellt sich der Einwand der fehlenden Passivlegitimation entgegen der Ansicht des Kl. nicht als unzulässige Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB dar.
aa) Aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgt – in eng begrenztem Umfang – auch das Verbot widersprüchlichen Verhaltens; dieses ist rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (venire contra factum proprium; BGHZ 162, 175; BGHZ 204, 145). Eine Rechtsausübung kann insbesondere dann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH NJW-RR 2013, 757 …). Dabei fallen auch ein etwaiges Verschulden und dessen Grad ins Gewicht (BGH, Z 204, 145 NJW 2002, 3110). Ist durch das frühere Verhalten der Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (BGH a.a.O.; VersR 1996, 75 VersR 2014, 1226 Rn 42).
bb) Hieran gemessen ist durch das vorprozessuale Verhalten der Bekl. zu 1) kein derart schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet worden, dass sich aus der Rüge der fehlenden Passivlegitimation das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt. Es ist nicht ersichtlich, dass das vorgerichtliche Verhalten der Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer der ADAC SE mit dem späteren prozessualen Verhalten derart in Widerspruch steht, dass das Interesse des Kl., direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers vorzugehen, schutzwürdig erscheint.
Mit Schreiben vom 5.7.2021 hatte sich die Bekl. auf eine E-Mail des Kl. vom 30.6.2021, in der dieser den der Klage zugrundeliegenden Schadensfall wegen eines Fehlverhaltens eines ADAC-Technikers schilderte, als Haftpflichtversicherer der Firma ADAC SE gemeldet und mitgeteilt, dass man einen Sachverständigen beauftrage. Unter dem 6.8.2021 erfolgte eine Abrechnung der Bekl. zu 1), aufgrund derer dem Kl. neben dem Wiederbeschaffungsaufwand auch weitere Positionen wie Abschleppkosten, Ersatzfahrzeug, Taxikosten, Benzinkosten und eine Kostenpauschale erstattet wurden. Aufgrund eines zwischenzeitlichen Verkaufs des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter dem ermittelten Restwert erfolgte eine Nachzahlung von weiteren 950,00 EUR auf den Fahrzeugschaden durch die Bekl. zu 1). Diese Umstände rechtsfertigen für sich genommen keineswegs den Schluss, die Bekl. zu 1) habe den Einwand, sich in einem nachfolgenden Haftpflichtprozess auf das Fehlen eines Direktanspruchs – mithin auf das Fehlen der erforderlichen Passivlegitimation – zu berufen, verwirkt.
Die Bekl. zu 1) ist vorliegend ihrer Aufgabe, ihren VN von berechtigten Ersatzansprüchen freizustellen, indem dessen Schadenersatzansprüche erfüllt werden (§ 100 VVG, materieller Deckungsschutz), ...