Nach der Deregulierung des Versicherungsmarkts im Jahr 1994 fielen AVB unstreitig unter das AGB-Recht. Die Versicherer orientieren sich seither an den Musterbedingungen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV), die sich in Punkto Rückkaufswert und beitragsfreie Versicherungssumme zunächst im Wesentlichen auf die Wiedergabe der §§ 174, 176 VVG a.F. beschränkten und dabei die Rechtsfolgen der Zillmerung und der Stornokosten nicht besonders hervorhoben.
a) Urteile des BGH vom 9. Mai 2001
In seinen grundlegenden Entscheidungen vom 09.05.2001. hat der BGH die Regelungen zu den Rückkaufswerten und der beitragsfreien Versicherungssumme sowie zu den Stornokosten für unwirksam erklärt, allerdings nicht wegen übermäßiger Benachteiligung der VN, sondern wegen mangelnder Transparenz. Denn nach dem Transparenzgebot sei der Verwender von AVB gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei müssten die Klauseln wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden könne. In Bezug auf die in Rede stehende Zillmerung von Abschlusskosten und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Rückkaufswert bzw. die beitragsfreie Versicherungssumme ergebe sich hieraus die Notwendigkeit, den Versicherungsnehmer möglichst schnell und übersichtlich über den Zeitwert zu unterrichten. Dabei könne eine aussagekräftige, dem Versicherungsschein beigefügte Tabelle über die Rückkaufswerte sowie die beitragsfreien Versicherungssummen je nach konkreter Ausgestaltung eine deutliche Entscheidungshilfe für den Versicherungsnehmer darstellen, sofern sich aus dieser mit der erforderlichen Deutlichkeit ergebe, dass zu Beginn kein Rückkaufswert bzw. keine beitragsfreie Versicherungssumme vorhanden sei. Um der angestrebten Transparenz zu entsprechen, sei es geboten, dass in den AVB auf die Tabelle hingewiesen werde, und zwar an den Stellen, an denen der Rückkaufswert sowie die beitragsfreie Versicherungssumme erläutert werden. Zudem sei unbedingt erforderlich, dass der Versicherungsnehmer in den AVB selbst zumindest den Grundzügen nach über die wirtschaftlichen Folgen der Zillmerung unterrichtet werde, und zwar ebenfalls an den Stellen, an denen die Regelungen zur Kündigung und Beitragsfreistellung dargestellt werden.
Rechtsfolge dieser Rechtsprechung ist die Unwirksamkeit der intransparenten Bedingungen, an deren Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 306 BGB). Soweit solche Regelungen nicht vorhanden sind, ist die Vertragslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen.
Als Reaktion hierauf änderte die Versicherungswirtschaft ihre AVB für künftige Verträge nach Maßgabe der vom BGH aufgestellten Anforderungen, so dass nunmehr der Versicherungsnehmer deutlich auf die Folgen der Zillmerung hingewiesen wurde. Weitergehend forderte das BAV sowohl im Hinblick auf bereits beendete als auch laufende Verträge die Durchführung eines Treuhänderverfahrens gem. § 172 Abs. 2 VVG a.F.. Dem folgend führte die Versicherungswirtschaft vielfach Treuhänderverfahren mit dem Ziel der Ersetzung der unwirksamen Regelungen durch transparente, aber inhaltsgleiche Regelungen durch.
b) Urteile des BGH vom 12. Oktober 2005
Mit drei am gleichen Tage ergangenen Entscheidungen. erteilte der BGH dem Treuhänderverfahren allerdings – entgegen der bis dahin herrschenden Meinung – eine Absage. Es benachteilige den Kunden unangemessen, wenn auf diesem Wege nachträglich intransparente Regelungen wirksam zum Vertragsgegenstand erhoben würden, weil der durch die intransparenten Regelungen erfolgte Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit unbeseitigt bliebe.
Als Folge dieser Urteile können bei Kündigung und Beitragsfreistellung von Lebensversicherungen, denen die bis 2001 verwandten AVB zugrunde liegen, keine Stornogebühren berechnet werden. Denn nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG a.F. waren Abzüge im Falle der Kündigung bzw. der Beitragsfreistellung nur möglich, sofern dies in den AVB (wirksam) vereinbart war.
Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung bleibt nach dem Judiz des BGH demgegenüber grundsätzlich zulässig, da das bis zum 31.12.2007 gültige VVG insoweit keine abschließende Regelung vorsah. Dem Versicherungsnehmer stehe aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Mindestrückkaufswert bzw. eine dem entsprechende beitragsfreie Versicherungssumme zu, und zwar in Höhe der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Unter Berücksichtigung von Risikoanteilen und laufenden Verwaltungskosten beträgt dieser Mindestrückkaufswert knapp die Hälfte d...