[10] „… 2. Demgegenüber hält die weitere Auffassung des BG, der Kl. habe den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
[11] a) Zutreffend geht das BG zunächst davon aus, dass das Führen eines Kfz in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand grds. objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen ist (Senat VersR 1989, 469 unter 4). Auch im Versicherungsvertragsrecht gilt, dass ein Kraftfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille und höher absolut fahruntüchtig ist (Senat VersR 1991, 1367 unter II 3).
[12] aa) Richtig wird ferner erkannt, dass die Regelung des § 827 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, den VN also die Darlegungs- und Beweislast für eine behauptete Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Herbeiführung des Versicherungsfalles trifft. Das entsprach bereits der Rspr. des Senats zu § 61 VVG a.F. … Entsprechendes gilt auch für die Neuregelung des § 81 VVG, der an die Stelle von § 61 VVG a.F. getreten ist und lediglich das Alles-oder-Nichts-Prinzip im Falle der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles abgeschafft hat …
[13] bb) Fehlerhaft ist hingegen die Annahme des BG, der Kl. habe nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass er das Kfz in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit geführt hat. Hierbei hat es wesentlichen Vortrag des Kl. sowie in Betracht zu ziehende Indizien nicht berücksichtigt. Der Kl. hat mehrfach unter Beweisantritt eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, er habe im Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 3,18 Promille aufgewiesen. Das BG legt nicht dar, aufgrund welcher ihm zukommender Sachkunde es davon ausgeht, dass die Blutalkoholkonzentration deutlich niedriger gelegen hat; konkrete Werte werden von ihm nicht genannt. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. im Strafverfahren kann es sich schon deshalb nicht stützen, weil Gutachten zur Berechnung eingeschränkter oder vollständiger Schuldunfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB im Strafverfahren auf anderer Bewertungsgrundlage als im Zivilverfahren erstellt werden. Abgesehen davon hat auch der Sachverständige im Strafverfahren ausgeführt, beim Kl. habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,70 Promille vorgelegen, was nach erfolgter Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt einen Wert von 3,18 Promille ergebe.
[14] cc) Dabei stellt eine Blutalkoholkonzentration ab 3,00 Promille lediglich ein Anzeichen für Schuldunfähigkeit dar … Einen allgemeinen Wert für eine Schuldunfähigkeit infolge Alkoholkonsums gibt es nicht (vgl. BGH VersR 1967, 125 unter IV bei Werten von 2,5 Promille und weniger). Vielmehr sind sämtliche Indizien zu berücksichtigen wie Angaben des Fahrers gegenüber der Polizei und dem Arzt anlässlich der Blutentnahme, Alkoholgewöhnung, physische und psychische Konstitution des Fahrers, die an den Tag gelegte Fahrweise, Zeit, Menge und Art der Nahrungsaufnahme.
[15] Diese umfassende Würdigung hat das BG unterlassen. Es hat ohne nähere Erläuterung angenommen, der Sachverständige habe der Schuldunfähigkeit entgegenstehende Anhaltspunkte gewonnen. Der Gutachter hat im Strafverfahren ausgeführt, die Blutalkoholkonzentration von 3,18 Promille weise auf eine hochgradige alkoholische Beeinflussung zum Unfallzeitpunkt hin. Das werde auch dadurch bestätigt, dass der Kl. sich nach dem Unfall ausschließlich für den Schaden an seinem Auto interessiert habe. Lediglich der Umstand, dass der Kl. nach Angaben der Zeugin S. am Unfallort telefonierte, kann nach Auffassung des Sachverständigen gegen einen Vollrausch sprechen. Er ist dann zu dem Ergebnis gekommen, ein Vollrausch könne nicht ausgeschlossen werden. Das war für die Feststellungen im Strafverfahren und eine Verurteilung wegen Vollrauschs nach § 323a StGB ausreichend, kann aber für das zivilrechtliche Verfahren nicht genügen.
[16] Deshalb wäre das BG verpflichtet gewesen, dem Beweisantrag des Kl. hinsichtlich seiner Schuldunfähigkeit im Unfallzeitpunkt nachzugehen, da eine Reihe weiterer – vom BG nicht in Erwägung gezogener – Indizien vorliegt, die Anhaltspunkte für eine derartige Schuldunfähigkeit begründen können. So wird in dem Blutentnahmeprotokoll vom 13.7.2008 der – nach eigenen Angaben nicht alkoholgewöhnte – Kl. mit näherer Begründung als deutlich unter Alkoholeinfluss stehend beschrieben. Weiter hat der Polizeibeamte H. vor dem Strafgericht ausgesagt, der Kl. sei schwer zu verstehen gewesen und habe erheblich unter Alkohol gestanden. Der Polizeibeamte N. hat angegeben, der Kl. sei aus seiner Sicht als volltrunken und “direkt als hilflos’ zu bezeichnen gewesen.
[17] b) Das BG ist anders als das LG und ohne weitere Begründung davon ausgegangen, grob fahrlässiges Handeln des Kl. liege noch nicht darin, dass er keine hinreichenden Maßnahmen getroffen habe, um sich selbst eine Fahrt in alkoholisiertem Zustand unmöglich zu machen. Sollte das BG nach durchgeführter Beweisaufnahme zu dem Ergebnis kommen, dass der Kl. im Unfallzeitpunkt schuldunfähig war, so wi...