VVG § 19 Abs. 5
Die vor Vertragsschluss gebotene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit muss im räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen oder der Unterschriftsleiste und in Schrifttyp oder Schriftfarbe hervorstechend erfolgen.
LG Köln, Urt. v. 14.7.2010 – 23 O 377/09
Aus den Gründen:
“… Denn der Beklagten, die ein Rücktrittsrecht bzw. Kündigungsrecht auf die Verletzung von Anzeigepflichten durch den Kläger stützt, stand gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG weder das Recht zum Rücktritt noch zur Kündigung des Krankenversicherungsvertrags zu, weil sie den Kläger nicht durch gesonderte Mitteilung auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
Der im Antragsformular der Beklagten enthaltene Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung entspricht in formeller Hinsicht nicht den Erfordernissen des Gesetzes.
Der Formularvordruck der Beklagten für Abschluss oder Änderung einer Krankenversicherung/Pflegeversicherung, den auch der Kläger für die Antragstellung verwendete, besteht aus drei an den Längsseiten zusammenhängenden Blättern im Format DIN A 4. Die erste Seite des Formulars erscheint, wenn man das Deckblatt nach links aufklappt. Die zweite und dritte Seite des Formulars erscheinen, wenn man das darüber liegende dritte Blatt des Formularvordrucks nach rechts aufklappt. Klappt man dieses rechte Blatt wieder zur Mitte hin zu, erscheint auf der Rückseite der dritten Seite die vierte Seite des Formulars. Die fünfte und letzte Seite des Formulars erscheint, wenn man den Formularvordruck nach links zuklappt.
Die erste Seite ist für Angaben über den Versicherungsnehmer und (unter Gliederungspunkt A) die zu versichernden Personen vorgesehen. Auf der zweiten Seite sind unter Gliederungspunkt B die zu versichernden Tarife einzutragen. Gliederungspunkt C enthält mögliche Eintragungen hinsichtlich eines Wartezeiterlasses. Im unteren Drittel der zweiten Seite befinden sich unter Gliederungspunkt ‘D Gesundheitsangaben’ die Gesundheitsfragen. Unterhalb des Balkens, der den neuen Gliederungspunkt D anzeigt, findet sich folgender Absatz in Normaldruck und in der auch sonst im Formular verwendeten Schriftgröße:
‘Um Ihren Antrag prüfen zu können, benötigen wir Antworten auf einige Fragen. Bitte beantworten Sei diese wahrheitsgemäß und vollständig. Die Verletzung der Anzeigepflicht kann z.B. dazu führen, dass Sie keinen Versicherungsschutz haben und trotzdem Beiträge zahlen müssen. Beachten Sie dazu bitte unsere gesonderte Mitteilung ‘Wichtige Hinweise zur Anzeigepflicht’ am Ende dieses Formulars.’
Die letzte Seite des zugeklappten Formularvordrucks enthält unter der Überschrift ‘Wichtige Hinweise zur Anzeigepflicht’ drei weitere Gliederungspunkte, die, wie alle anderen Gliederungspunkte des Formulars, durch grau unterlegte Überschriften abgesetzt sind. Der zweite Gliederungspunkt trägt die Überschrift ‘Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird’ und enthält die maßgeblichen Informationen i.S.d. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG.
Der durch § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. geforderte Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung erfüllt so, wie er dem Kläger im Antrag vom 29.11.2008 erteilt worden ist, in formeller Hinsicht nicht die Erfordernisse des Gesetzes. Dabei kann hier offen bleiben, ob die Wendung ‘gesonderte Mitteilung’ so zu verstehen ist, dass die Belehrung auf einem vom Antragsformular verschiedenen eigenen Schriftstück zu erfolgen hat (so Bruck/Möller/Rolfs, VVG, 9. Aufl. 2009, § 19 Rn 115 … ), oder ob die Belehrung auf dem Antragsformular ausreicht, wenn sie nur deutlich abgesetzt oder sonst hervorgehoben ist (vgl. LG Dortmund VersR 2010, 58 ff.; Looschelders/Pohlmann, VVG, 2010, § 19 Rn 66 m.w.N.). Entscheidend für die Frage, wann die Anforderungen des Gesetzes als erfüllt angesehen werden können, sind nicht formale Kriterien, sondern der Sinn und Zweck der Regelung, der hier im Schutz des Versicherungsnehmers liegt (BT-Drucks 16/3945, 65 f.).
Zur Verwirklichung dieses Schutzes muss nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers die Belehrung so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss erfolgen, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht noch erfüllen kann (BT-Drucks 16/3945, 66). Das kann nach Auffassung des Gerichts nur dadurch hinreichend sichergestellt werden, dass ein in Schrifttype und/oder -farbe hervorstechender Hinweis in räumlichem Zusammenhang entweder mit den Gesundheitsfragen oder jedenfalls mit der Unterschriftsleiste (so LG Dortmund VersR 2010, 58 ff.) die rechtzeitige Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers gewährleistet. Denn in aller Regel füllt nicht der Versicherungsnehmer das Antragsformular selbstständig aus. Vielmehr füllt regelmäßig der Vermittler oder Makler das Formular nach den Angaben des Versicherungsnehmers aus und legt es ihm dann zur Durchsicht und Unterschrift vor. Dass der Versicherungsnehmer dabei den Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtversetzung bemerkt, ist nur dann mit hinre...